Wird eine Frau schwanger, bekommt sie viele gute Tipps zu hören. Darunter befindet sich sicher auch der Klassiker: „Jetzt musst du für zwei essen.“ Diese Binsenwahrheit trifft jedoch nicht zu. Eine Schwangere sollte weder aus Angst Diät halten, um möglichst wenig zuzulegen, noch sollte sie übermäßig viel essen. Die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte. Erfahren Sie hier, welche Prozesse im schwangeren Körper vor allem für eine Gewichtszunahme in der Schwangerschaft sorgen und wann eine Zunahme Anzeichen für Erkrankungen sein können.
Die Gewichtszunahme während der Schwangerschaft erklärt sich nicht allein durch das wachsende Baby im Bauch. Werdende Mütter stehen in der 8. Woche vor dem Spiegel und wünschen sich sehnlichst den Babybauch. Der kommt nicht und zeigt sich bei vielen Schwangeren auch in der 16. SSW noch nicht. Trotzdem nimmt die Schwangere nach und nach zu, obwohl der Embryo erst wenige Zentimeter groß ist.
Das erklärt sich durch die Veränderungen im Körper, der sich auf die „schwere“ Zeit der Schwangerschaft, auf die Entbindung und die kräftezehrende Zeit danach vorbereitet. So vermehrt sich die Blutmenge im Körper der Schwangeren, bis sie im 3. Trimester der Schwangerschaft etwa 50 Prozent mehr Blut im Körper hat als vor der Schwangerschaft. Das Blut wird zum größten Teil in die Gebärmutter und den Mutterkuchen geleitet, wo es für eine optimale Durchblutung sorgt. Auch Wassereinlagerungen fallen ins Gewicht. Der Körper speichert das Wasser, um im Notfall darauf zurückgreifen zu können. In besonders heißen Sommern, bei akutem Blutverlust oder Magen-Darm-Erkrankungen der werdenden Mutter kann so ein vorübergehender Flüssigkeitsverlust gut kompensiert werden.
Die Natur hat es clever eingerichtet: Nach der anstrengenden Entbindung denken die wenigstens Frauen daran, ausreichend zu trinken, um ihren instabilen Flüssigkeitshaushalt wieder aufzufüllen. Die Wasserreserven ermöglichen es auch, dass eine Frau nach der Geburt sofort mit dem Stillen beginnen kann. Während der Schwangerschaft wächst auch als einer der ersten Schwangerschaftsanzeichen die Brust. Sie wird fester und größer, im ersten Trimester ist sie durch die stärkere Durchblutung zudem oft empfindlich. Es bilden sich zusätzliche Milchdrüsen und Fettschichten, denn bereits im ersten Schwangerschaftsdrittel beginnt die Brust mit den Vorbereitungen für die Stillzeit.
Gewichtszunahme durch… | Gewichtszunahme um… |
Wachsende Gebärmutter | 1,5 kg |
Größeres Blutvolumen | 1,5 kg |
Plazenta | 0,5 kg |
Fruchtwasser | 1 kg |
Brustwachstum | 0,5 kg |
Wassereinlagerungen | 5 kg |
Gewicht des Babys | 3,5 kg |
Gesamtzunahme insgesamt | 13 bis 14 kg |
Eine Frau nimmt nicht sofort mit dem Auswerten des positiven Schwangerschaftstestes zu. Die Gewichtszunahme verläuft in verschiedenen Phasen und ist kurz vor der Entbindung auf ihrem Höhepunkt angekommen. So kann sich die Schwangere nach und nach an das zunehmende Gewicht und die Mehrbelastung für Rücken und Knie gewöhnen.
Im 1. Schwangerschaftsdrittel ist der weibliche Körper zunächst damit beschäftigt, sich auf die Schwangerschaft einzustellen. Es finden viele hormonelle Prozesse statt, die bei Frauen oftmals zu Unwohlsein, Schwindel und Übelkeit führen. Diese Symptome können der Schwangeren den Appetit nehmen, können aber auch zu Erbrechen fühlen. Auch das sind Gründe, warum Frauen im ersten Trimester kein Gewicht zulegen müssen. Zudem benötigt die Versorgung des Embryos keine zusätzliche Energie.
Im 6. Monat nehmen Schwangere bereits deutlich an Gewicht zu, denn nun kommen wichtige, körperliche Veränderungen richtig auf Trab. Das Kind wächst und ist im 2. Trimester etwa ein Kilo schwer. In der 20. Woche ist Halbzeit: Der weibliche Körper pumpt nun mehr Blut in die Gebärmutter, die Plazenta ist aufgebaut und der Organismus bereitet sich bereits auf die Entbindung vor.
In der letzten Schwangerschaftsphase wächst vor allem das Kind im Mutterleib rapide an, denn jetzt geht es fast nur noch um das optimale Wachstum des Babys. Ab der 25. SSW nehmen Schwangere etwa 1,5 bis 2 Kilo pro Monat zu. Schwangere, die Zwillinge erwarten, nehmen in dieser Phase bis zu 600 Gramm pro Woche zu. Zum Ende des 9. Monat wird langsam das finale Schwangerschaftsgewicht erreicht.
Schwangere werden spätestens ab dem 3. Monat regelmäßig ärztlich untersucht. Dabei werden sie auch gewogen, um die Gewichtszunahme zu beobachten. Eine zu geringe Zunahme, aber auch eine zu schnelle Zunahme ist nicht gut für Mutter und Kind. Nimmt eine Schwangere innerhalb einer Woche mehrere Kilos zu, weist das auf eine Erkrankung hin. Erhöht sich das Gewicht insbesondere im zweiten und dritten Trimester nicht ausreichend, weist das wiederum darauf hin, dass das Baby nicht wächst und womöglich nicht ausreichend versorgt ist.
Beim kurzen Glukose-Challenge-Test trinkt die Schwangere eine Zuckerlösung. Nach einer Stunde wird Blut abgenommen, um zu analysieren, ob der Körper den Zucker richtig verarbeitet. Der große Glukosetoleranztest wird auf nüchternem Magen durchgeführt. Vor der Einnahme der Zuckerlösung, nach einer Stunde und noch einmal nach zwei Stunden wird Blut abgenommen.
Ab wann eine Gewichtszunahme während der Schwangerschaft als ungesund gilt, hängt jedoch auch vom Ausgangsgewicht der Mutter ab. Schwangere Frauen benötigen vor allem während der Entbindung und der ersten Zeit mit Baby Energiereserven. Deshalb ist es so angelegt, dass sehr leichte Frauen während einer Schwangerschaft etwas mehr zulegen sollten, Frauen mit Übergewicht jedoch bereits über die notwendigen Reserven verfügen.
Deshalb empfehlen viele Mediziner, bei der Berechnung der optimalen Gewichtszunahme während der Schwangerschaft den Body Mass Index (BMI Rechner) zu Rate zu ziehen. Mit den Angaben zu Gewicht und Körpergröße einer Person lässt sich berechnen, ob ein Mensch unter- oder übergewichtig ist oder ein ideales Gewicht hat. Das Gewicht wird durch das Körperquadrat dividiert, heraus kommt ein Wert, der in einer Tabelle Auskunft darüber gibt, in welchem Bereich sich das Körpergewicht befindet:
Während eine Gewichtszunahme bis zu 15 Kilo für eine normalgewichtige Schwangere durchaus angemessen ist, wird stark übergewichtigen Schwangeren allgemein empfohlen, während einer Schwangerschaft maximal neun Kilo zuzunehmen. Es gibt auch Frauen, die ohne Gewichtszunahme einen gesunden Verlauf der Schwangerschaft erleben.
Der Kalorienbedarf steigt ab dem 4. Monat: Ab dann sollten Schwangere täglich etwa 250 Kilokalorien mehr zu sich nehmen. Das entspricht einem Brot mit Käse oder einem kleinen Müsli mit Obst.
Eine zu starke oder schwache Gewichtszunahme während der Schwangerschaft muss immer auf ihre Ursachen untersucht werden. Es können Launen der Natur, aber auch schwere Erkrankungen dahinterstecken. So ist eine plötzliche, sehr starke Gewichtszunahme des Babys eines der wichtigsten Anzeichen für eine Schwangerschaftsdiabetes.
Der Schwangerschaftsdiabetes ist die häufigste Begleiterkrankung während der Schwangerschaft. Es wird davon ausgegangen, dass sie bei mindestens 5,3 Prozent aller Schwangerschaften auftritt. Dabei handelt es sich um eine Diabetesform, die nur während der Schwangerschaft auftritt und danach auch wieder abklingt. Sie verläuft oft ohne klare Symptome, ein Anzeichen kann aber die extreme Gewichtszunahme des Babys sein. Zu den bedeutendsten Risikofaktoren gehören das Übergewicht der Mutter, eine ungesunde Ernährung sowie die genetische Veranlagung. Wenn möglich, sollten Frauen also vermeiden, mit einem allzu hohen Ausgangsgewicht in einer Schwangerschaft zu starten.
Der Blutzuckerspiegel einer Schwangeren wird regelmäßig untersucht. Bei einem erhöhten Ausgangsgewicht der Schwangeren oder dem Verdacht einer Schwangerschaftsdiabetes wird ein oraler Glukosetoleranztest durchgeführt.
Absolut lebensbedrohlich für Mutter und Kind ist die Präeklampsie. Sie zeigt sich durch einen enormen Bluthochdruck und Eiweiß im Urin. Die Symptome sind oftmals nur schwer zu deuten: Neben Bluthochdruck treten Übelkeit, Kopfschmerzen und Schwindel auf – das sind alles Symptome, unter denen Frauen auch während einer normalen Schwangerschaft leiden können. Die zu schnelle und starke Gewichtszunahme der Schwangeren kann ein ernstes Anzeichen für eine Präeklampsie sein.
Achtung: Wenn die Beine der Schwangeren plötzlich Wasser einlagern und es keine andere Erklärung dafür gibt, sollte sie umgehend einen Arzt aufsuchen, da es sich um ein Symptom der Präeklampsie handeln kann.
Erlitt eine Frau während ihrer 1. Schwangerschaft eine Präeklampsie, gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie diese auch in der 2. Schwangerschaft erleidet.
Nimmt eine Frau während der Schwangerschaft nur wenige Kilos zu, muss keine ernsthafte Erkrankung dahinterstecken. Wichtig ist, dass das ungeborene Kind mit ausreichend Nährstoffen versorgt ist, weshalb Schwangere auf eine ausgewogene Ernährung mit Vitaminen, Mineralien und Fetten achten sollten. Solange das Baby sich zeitgerecht entwickelt und zunimmt, müssen sich Frauen auch bei einer geringen Gewichtszunahme keine großen Sorgen machen.
Problematisch ist es, wenn das Baby sich nicht zeitgerecht entwickelt und zu wenig Gewicht entwickelt. Die Ursachen sind vielfältig und müssen individuell abgeklärt werden.
Mögliche Ursachen:
Treten während der Schwangerschaft ungewöhnliche Beschwerden auf, sollten Schwangere den behandelnden Arzt darauf ansprechen. Er wird bei einem Verdacht die notwendigen Untersuchungen veranlassen.
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