Nach Freud wird die Entwicklung eines Kindes in verschiedene Phasen eingeteilt. Nach der oralen Phase kommen die anale Phase, die phallische Phase, die Latenzphase und die genitale Phase.
Die Lippen und die Zunge sind für ein Baby zunächst das stärkste Sinnesorgan. Mithilfe des Mundes kann ein Baby seine Umwelt also am besten entdecken und erforschen.
Da ein Kind in der oralen Phase alles in den Mund nimmt, können Alltagsgegenstände zur Gefahr werden. Bieten Sie daher abwechslungsreiches Spielzeug an.
Der Begriff „orale Phase“ kommt aus der Tiefenpsychologie. In dieser Phase nutzen Babys ihre Lippen und ihre Zunge, um die Umgebung zu erkunden. Im Folgenden möchten wir Ihnen gerne erklären, wann die orale Phase beginnt, wie sie sich äußert und welche Phase sich daran anschließt.
Inhaltsverzeichnis
Sigmund Freud, österreichischer Neurologe und Tiefenpsychologe ist der Begründer der Psychoanalyse und ein prägender Denker des 20. Jahrhunderts. Er vertrat die These, dass alle menschlichen Handlungen von Trieben geleitet werden, die unterbewusst ablaufen.
Damit sich die Persönlichkeit eines Menschen bilden kann, sind die ersten Lebensjahre von großer Bedeutung. Nur wenn alle Phasen störungsfrei durchlaufen werden, kann der Mensch ein gesundes Selbstvertrauen entwickeln.
Die psychosexuelle Entwicklung ist laut Freud in folgende fünf Phasen eingeteilt:
All diese Phasen laufen hintereinander ab und bauen dementsprechend aufeinander auf.
Die orale Phase ist die erste und gleichzeitig die primitivste Phase der psychosexuellen Entwicklung. Die gesamte Mundregion ist das wichtigste Bezugsorgan. So benutzt das Baby stets seinen Mund, um die gesamte Umwelt zu erforschen. Diese Phase ist besonders wichtig für die weitere Entwicklung der Kinder.
Mit zwei Jahren beginnt die anale Phase, bei der es vor allem um die Ausscheidungen der Kinder geht. Laut Freud empfinden es Kinder in dieser Phase als lustvoll, das Ausscheiden von Kot und Urin kontrollieren zu können. Die Phase endet bereits mit drei Jahren wieder.
In der phallischen Phase lernen Kinder ihre eigenen Geschlechtsorgane kennen. Daher ist bei 5-jährigen Kindern häufig zu beobachten, dass sie sich genauestens betrachten und sich enorm für ihren eigenen Körper interessieren.
Die anschließende Latenzphase ist von einem Stillstand geprägt. In dieser Zeit schreitet die sexuelle Entwicklung des Kindes kaum voran. Erst in der genitalen Phase kommt es zu einem erneuten Erwachen der Sexualität.
Achtung: Kommt es in einer dieser Phasen zu einer Störung, kann dies laut Freud zu lebenslangen Konflikten führen.
Bekommt ein Baby in den ersten ein bis zwei Lebensjahren einen Gegenstand zu fassen, wird dieser sofort in den Mund gesteckt. Kinder erfahren auf diese Weise, wie die Gegenstände in ihrer Umgebung beschaffen sind. Auch beim Stillen oder Nuckeln am Fläschchen wird ausschließlich der Mund eingesetzt.
Das Kind lernt dabei, dass es all seine Bedürfnisse, also Nähe, Durst und Hunger, durch dieses Sinnesorgan befriedigen kann. Während zunächst die Lust im Vordergrund steht, merken Babys bereits nach kurzer Zeit, dass die Befriedigung zu Ruhe und Entspannung führt.
Sobald ein Baby auch mit seinen Händen nach Gegenständen greifen und diese festhalten kann, werden diese immer zum Mund geführt. Dadurch wird die Hand-Auge-Koordination geschult.
Die orale Phase ist jedoch auch im Hinblick auf die Entwicklung eine spannende und wichtige Zeit. Das Kind lernt, dass die Eltern, vor allem jedoch die Mutter, die wichtigsten Bezugspersonen sind. Das Urvertrauen wird gebildet und die enge Bindung zur Mutter wird aufgebaut.
Wie lange die orale Phase anhält, kann nicht genau vorhergesagt werden. Dass die Dauer dieser Phase sehr unterschiedlich sein kann, liegt vor allem daran, dass sich jedes Kind in seinem eigenen Tempo entwickelt.
In der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres beginnen die meisten Kinder zudem an zu zahnen. Das bedeutet, dass sie viele Gegenstände auch deshalb in den Mund nehmen und darauf herumkauen, weil die Schmerzen auf diese Weise gelindert werden können.
Dadurch, dass Babys alles in ihrem Mund erkunden möchten, spucken sie auch gerne das Essen wieder aus. Dies ist völlig normal und sollte auch nicht unterbunden werden.
Ein lustiges, aber dennoch lehrreiches Video zum Thema „orale Phase“ sehen Sie hier:
Laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes starben im Jahr 2014 15 Säuglinge durch Ersticken. In den meisten Fällen kommt es zu einem Ersticken durch die Aspiration von Fremdkörpern.
Viele Eltern machen sich Sorgen darüber, dass ihr Kind während der oralen Phase häufiger unter Infektionen leidet, da alle Gegenstände in den Mund genommen werden. Auch wenn Hygiene grundsätzlich sehr wichtig ist, sollten Sie nicht alles ständig abwaschen und desinfizieren. Erwiesenermaßen sorgen die Keime und Bakterien dafür, dass das Immunsystem gestärkt wird.
Ist die Umgebung eines Kindes zu steril, kann dies außerdem Allergien auslösen. Dies haben Marburger Forscher in einer Studie mit 812 Kindern herausgefunden. Wenn ein Kind auf dem Bauernhof aufwächst, ist das Risiko, an Heuschnupfen oder Asthma zu erkranken, nur halb so hoch.
Problematischer sind hingegen Gegenstände, die giftig sind oder an denen sich ein Baby verletzen kann.
Dazu zählen vor allem:
Achten Sie also unbedingt darauf, dass Sie die Umgebung, die das Kind erreichen kann, sicher machen. Solange die Kleinen noch nicht mobil sind, ist dies zumeist relativ einfach. Schwierig wird es hingegen, wenn Babys zu krabbeln und zu laufen anfangen. Ab diesem Zeitpunkt sollten Sie die oben genannten Gegenstände sorgfältig aus der Reichweite Ihres Kindes entfernen.
Im Mund befinden sich extrem viele Nervenzellen, die beim Erkunden der verschiedenen Gegenstände stimuliert werden. Dadurch kann ein Baby alles sehr intensiv wahrnehmen. Dies hat einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Kinder. Der Drang, alles mit den Lippen und der Zunge zu erforschen, sollte also keineswegs unterbunden, sondern im besten Fall sinnvoll unterstützt werden.
Im Folgenden möchten wir Ihnen gerne ein paar Tipps geben, wie Sie die orale Phase Ihres Kindes am besten unterstützen können:
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