Mein Kind spricht nicht: Ursachen und Therapie     

   
von Christiane S. - letzte Aktualisierung:
Kind redet nicht
Mein Kind spricht nicht – wann besteht Grund zur Sorge?

Jedes Kind lässt sich mit dem Sprechen lernen unterschiedlich lange Zeit. Wenn Ihr Kind im dritten Lebensjahr noch nicht spricht oder weitere Auffälligkeiten zeigt, sollten Sie es stärker beobachten.

Welche Ursachen hat es, wenn mein Kind nicht spricht?

Zu den wichtigsten psychischen und physiologischen Ursachen gehören Sprachentwicklungsstörungen, Autismus, Mutismus und Taubheit.

Wie kann die Entwicklungsstörung behandelt werden?

Die Behandlung richtet sich stets nach der Ursache. Je nach dem kann also ein Besuch beim Logopäden oder Sprachheilpädagogen anstehen. Auch Sie können Ihr Kind gezielt fördern.

Wie sehr freuen sich Eltern auf das erste Wort vom Nachwuchs. Manchmal müssen sie sich dabei gedulden, denn es ist völlig normal, wenn sich Jungen und Mädchen dafür bis weit in die erste Hälfte des zweiten Lebensjahres Zeit lassen.

Möchte Ihr Kind gar nicht reden, sollten Sie es genau im Auge behalten, um Sprachentwicklungsstörungen frühzeitig zu erkennen. Neben psychischen Ursachen, wie etwa Angst vor dem Sprechen bei stottern, können auch physiologische Gründe vorliegen. Mit der richtigen Diagnose können Sie sich die notwendige therapeutische Hilfe suchen. Hier stellen wir Ihnen die häufigsten Ursachen und Anzeichen von Störungen vor.

1. Die Sprachliche Entwicklung von Kleinkindern startet mit der Geburt

Kind redet nicht und schaut in Ferne, Mutter sitzt verzweifelt im Hintergrund

Wenn Kinder nicht reden, kann dies psychische und physische Ursachen haben.

Die Sprachentwicklung bei Kleinkindern beginnt nicht erst, wenn sie die ersten Worte reden. Sie startet bereits mit der Geburt und dem ersten Austauschen von Blicken mit den Bezugspersonen. Lange bevor sich Ihr Kind mit Worten verständlich macht, nimmt es seine Umwelt bewusst wahr und lernt, zu kommunizieren.

Schon mit wenigen Lebenstagen folgt Ihr Baby Ihnen mit den Augen und beobachtet Ihre Gestik und Mimik. Nach und nach imitiert es Ihr Verhalten, bis es Sie mit seinem ersten Lächeln verzaubert. In den ersten sechs Lebensmonaten lernt Ihr Baby in der sogenannten ersten Lall-Phase, sich mit Lauten bemerkbar zu machen, wobei es für verschiedene Bedürfnisse und Gemütszustände unterschiedliche Tonlagen nutzt.

Während der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres plappert Ihr Baby vor sich hin und verdoppelt bereits Silben wie „da-da“ oder „ba-ba“. In dieser zweiten Lallphase versteht Ihr Kind schon viele Wörter, auch wenn es sie nicht äußern kann. Wenn Sie Ihrem Kind sagen, dass es gleich Brei geben wird, dann weiß es zumeist ziemlich genau, wie es gleich weitergehen wird und äußert sich dementsprechend.

Im ersten Lebensjahr sprechen Kinder zumeist ihre ersten Worte. Ob es direkt nach dem ersten Geburtstag, kurz vorher oder erst mit 18 Monaten redet, spielt dabei keine Rolle. Wichtig ist, dass es versucht, sich mit Sprache zu äußern, in dem es auf den Hund zeigt und „Wau-Wau“ sagt, Sie mit dem klassischen „Mama“ oder „Papa“ begrüßt oder den bunten „Ball“ haben möchte.

Es gehen dem eigentlichen Sprechen also viele sprachliche Entwicklungsphasen voraus. Wenn Ihr Kind nicht redet, konnten Sie wahrscheinlich bereits in den ersten Lebensmonaten Auffälligkeiten oder Unterschiede zu anderen Kindern erkennen.

2. Erste Anzeichen: Wann Sie ärztliche Hilfe suchen sollten

Kind schaut interessiert Vater zu wie er den Computer bedient.

Kinder lernen besser sprechen, wenn Eltern sie durch eine gute Kommunikation auf Augenhöhe fördern.

Sicher verfolgen Sie die Entwicklung Ihres Kindes aufmerksam und freuen sich über jeden Schritt, den es macht. Dabei hilft es oftmals aber gar nicht, das eigene Kind mit anderen in demselben Alter zu vergleichen, denn jedes Kind braucht seine individuelle Zeit, um neue Fähigkeiten zu erlernen.

Wenn Ihr Kind nicht redet, gibt es dennoch erste Anzeichen, bei denen Sie mit Ihrem behandelnden Kinderarzt sprechen sollten.

2.1. Erstes Lebensjahr

Ihr Kind entwickelt in den ersten Lebensmonaten keine eigene Lautsprache, in dem gurgelt, aufschreit, wenn es sich freut oder verschiedene Tonlagen ausprobiert.

Es plappert nicht und versucht auch mit neun Monaten oder mehr nicht, sich durch erste Doppellaute wie „ga-ga“ oder „da-da“ verständlich zu machen.

Tipp: Für Fragen zum sprachlichen Entwicklungsstand können Sie am besten die regelmäßigen Früherkennungsuntersuchungen nutzen.

2.2. Zweites Lebensjahr

Kind redet nicht und sitzt mit Eltern, die sich Sorgen, auf einer Couch

Wenn Kinder stottern, suchen sie manchmal das komplette Schweigen als Ausweg.

Ihr Kind hat keine Freude an Kinderreimen, Hand-Finger-Spielen oder am Vorlesen. Entweder macht es ihm keinen Spaß und es sucht sich eine andere Beschäftigung, oder es versteht nicht den Sinn der Spielabläufe.

Vielleicht zeigt Ihr Kleinkind auch kein Interesse daran, mit Ihnen zu kommunizieren, in dem es auf Gegenstände zeigt, die es haben oder Ihnen zeigen möchte.

Wenn Ihr Kind gar nicht redet, es im zweiten Lebensjahr keine Wörter sprechen kann oder sie mehrheitlich nicht richtig aussprechen kann, sollte es untersucht werden.

2.3. Drittes und viertes Lebensjahr

Late Talkers

Late Talkers oder auch „late bloomers“ sind Kinder, die sprachliche Spätblüher sind. Sie können mit 24 Monaten nur wenige Worte sprechen und meistens keine Sätze. Ihre Sprachentwicklung explodiert im 3. Lebensjahr förmlich. Mit 4 Jahren haben sie zumeist  alle Defizite wieder aufgeholt.

Mit 2 Jahren, spätestens mit 3 Jahren, haben Kinder eine große Freude an Geschichten, die sie vorgelesen bekommen oder dem sie als Hörbuch folgen können. Auch das gemeinsame Singen macht ihnen Spaß. Wenn Ihr Kind kein Interesse daran hat und gleichzeitig wenig oder gar nicht redet, kann dies zum Beispiel auf eine Hörschädigung hinweisen.

In diesem Lebensalter sollten Kinder einen aktiven Wortschatz von etwa 450 Wörtern haben. Wenn Ihr Kind nur wenige Worte aktiv nutzt, um mit Ihnen zu kommunizieren, benötigt es Hilfe.

3. Sprachstörungen können verschiedene Ursachen haben

Junge bekommt Kopfhörer auf

Mit einem Hörtest kann herausgefunden werden, ob Hörprobleme die Sprachentwicklung hemmen.

Es gibt verschiedene Ursachen dafür, wenn ein Kind nicht redet. Je nachdem, um welchen Grund es sich handelt, sind auch andere Lebensbereiche oder Fähigkeiten betroffen, so dass das Festmachen der Ursache bei einer umfassenden Beobachtung zumeist gut gelingt.

3.1. Mit Hörproblemen kann ein Kind Gesprächen nur schlecht folgen

Wenn Ihr Kind aufgeweckt ist und lebensfroh ist, aber trotzdem nicht redet, können Probleme beim Hören vorliegen. Vielleicht würde es gern Märchen hören und Abzählreime üben, aber es hört schlicht nichts oder wenig.

Bei einer Hörschädigung oder Erkrankungen im Ohr kann ein Kind nur schlecht hören, so dass es das Sprechen nicht gut lernt. Es hat eine unsaubere Aussprache und kann Gesprächen nur schlecht folgen. Vielleicht haben Sie manchmal das Gefühl, Ihr Kind hört nicht auf Sie – vielleicht hört es Ihre Bitten oder Aufforderungen wirklich nicht.

Es kann sich auch um eine angeborene Fehlbildung wie Taubheit oder Stummheit handeln. Genetische Defekte können dafür ursächlich sein, dass ein Kind seine Sprechorgane nicht bewusst steuern kann und so auch nicht sprechen kann.

Auch Schädigungen der Sprechorgane wie zum Beispiel das Fehlen der Stimmbänder oder des Kehlkopfes können eine Ursache dafür sein, dass ein Kind nicht redet. Bei einem fehlenden Hörorgan und der damit einhergehenden Taubheit ist es sehr schwer, eine Lautsprache zu lernen.

3.2. Sprachentwicklungsstörungen haben verschiedene Ursachen

Die Gehörlosigkeit ist eine Ursache im Bereich der Sprachentwicklungsstörung. Es gibt noch weitere Ursachen, die angeboren sind oder in den ersten Lebensmonaten erworben werden.

 

Ursache Merkmale
Genetische oder neurologische Ursachen Bei Stummheit handelt es sich um eine angeborene Störung im Gehirn. Auch andere neurologische Fehlentwicklungen oder Hirnverletzungen wie die Aphasie können ursächlich sein.
Künstliche Beatmung bei Babys Musste Ihr Baby direkt nach der Geburt oder in den ersten Lebenswochen künstlich beatmet werden, kann sich die Sprachentwicklung verzögern.
Fehlende Frühförderung Um Sprache zu erlernen, benötigt ein Kind eine kommunikative Umgebung und Anreize. Wenn Eltern nicht mit ihren Kindern sprechen, nicht vorlesen oder ihr Kind anders fördern, kann es zu Sprachentwicklungsstörungen kommen.
Psychische Schädigung Haben Kinder in früher Zeit ein Trauma oder andere psychische Schädigungen erlitten, kann dies die Sprachentwicklung stören, einige Kinder sprechen in solchen Fällen gar nicht.

3.3. Autismus und Mutismus macht es den Kindern schwer, mit ihrer Umwelt in Kontakt zu treten

Wenn Ihr Kind an Autismus oder Mutismus leidet, ist die Sprachstörung ein Teil dieser Erkrankung. Bei der Behandlung von sprachlichen Störungen muss deshalb immer das ganze Erscheinungsbild betrachtet werden.

Autistische Kinder leiden an der sogenannten Autismus-Spektrum-Störung, die es den Betroffenen schwer macht, mit ihrer Umwelt in Kontakt zu treten und soziale Beziehungen einzugehen. Die Sprache als wichtigstes Kommunikationsmittel ist deshalb schwer davon betroffen. Wenn Ihr Kind nicht redet und weitere autistische Symptome zeigt, sollten Sie darüber mit dem behandelnden Kinderarzt sprechen.

Der Mutismus ist eine Kommunikationsstörung, bei der ein Kind das Sprechen komplett (totaler Mutismus) oder nur teilweise (elektiver, selektiver Mutismus), vor allem bei Fremden, verweigert. Während Ihr Kind mit Ihnen spricht, macht es dies nicht mehr, sobald außenstehende Personen anwesend sind. Wenn Sie dieses Verhalten bei Ihrem Kind beobachten, sprechen Sie auch mit den Erziehern im Kindergarten oder den Lehrern in der Schule über ihre Beobachtungen und äußern Sie Ihren Verdacht.

Autismus und Mutismus sind komplexe Krankheitsbilder, die eingehend medizinisch untersucht und langfristig behandelt werden müssen.

4. Therapiemöglichkeiten sind von der Ursache abhängig

Kind redet nicht und ist mit Logopäden in Therapie

Eine logopädische Therapie kann motorische Sprachstörungen wirksam behandeln.

Welche Therapie und Unterstützung Ihr Kind benötigt, hängt entscheidend von den Ursachen ab. Gemeinsam mit dem behandelnden Arzt finden Sie den besten Weg.

4.1. Tipps für Eltern

Ihnen liegt als Elternteil die Gesundheit Ihres Kindes besonders am Herzen. Deshalb ist es wichtig, dass Sie Ihrem Kind alle emotionale Unterstützung geben, die es benötigt. Drängen Sie es nicht dazu, zu sprechen, sondern vermitteln Sie ihm vielmehr die Freude am Kommunizieren. Late Talkers benötigen diese Rückendeckung, um sich ausreichend Zeit für die ersten Sprachversuche zu nehmen.

Wenn Ihr Kind aufgrund von Erkrankungen nicht sprechen kann, finden Sie andere Wege, damit sich Ihr Kind gut entwickeln kann.

4.2. Logopädie

Wenn Kinder stottern oder physiologische Schwierigkeiten und bei Sprachentwicklungsstörungen vorliegen, kann eine logopädische Behandlung helfen. Auch bei Kindern mit selektivem Mutismus wird eine logopädische Therapie durchgeführt, in der das Kind Schritt für Schritt lernt, seine Sprachhemmungen bei Fremden zu verlieren.

4.3. Sprachheilpädagogen und psychologische Unterstützung

Wenn Ihr Kind unter Stottern leidet, wird es vielleicht in der Schule gemobbt oder ist wegen seiner Sprachstörung schüchtern. In diesem Fall kann auch eine psychologische Hilfe nötig sein, um ein starkes Selbstbewusstsein aufzubauen.

6. Bücher zum Spracherwerb mit Kleinkindern kaufen

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