Unter diesem Begriff werden verschiedene Ansätze zusammengefasst, die eine Reform der Lehr- und Lernformen anstreben.
Spielerisches, eigenverantwortliches und offenes Lernen sowie die persönliche Entwicklung der Kinder stehen in reformpädagogischen Ansätzen im Mittelpunkt.
Die Reformpädagogik ist immer im Fluss, da sie in sich alle Ansätze vereint, die die jeweils aktuelle Pädagogik verändern möchten.
Alle Eltern machen sich Gedanken über die Erziehung und Bildung ihrer Kinder. Die verschiedenen Arten der Reformpädagogik bietet eine Alternative zu den aktuellen institutionellen Angeboten: Ihre Vertreter setzen bei der Lehre und bei der sozialen Erziehung andere Maßstäbe.
Im folgenden Artikel erlangen Sie einen Überblick, welche Merkmale in der Reformpädagogik vereint werden.
Inhaltsverzeichnis
Es gibt unterschiedliche Ansätze, um die Reformpädagogik zusammenzufassen: Manche beziehen sich allein auf das Ende des 19. und den Beginn des 20. Jahrhunderts, aber das ist etwas zu kurz gegriffen. Die ersten entsprechenden Überlegungen traten bereits früher auf, wie Sie im folgenden Überblick sehen.
Schon um 1530 stellte der französische Renaissance-Schriftsteller und Arzt François Rabelais fest, dass Auswendiglernen viel weniger effektiv ist als das Lernen durch Anschauung.
Ganze hundert Jahre später entwickelte der tschechische Bischof Johann Amos Comenius, der als größter Pädagoge des 17. Jahrhunderts in die Geschichtsbücher eingehen sollte, das Konzept der Pädagogik vom Kind her. Er verlangte, dass Lehrer ein Vorbild sein sollten und dass es eine allgemeine Schulpflicht auch für Mädchen geben sollte. Von ihm stammt der Begriff der Didaktik für die Lehre.
Jean-Jacques Rousseau, der französische Philosoph und Pädagoge, forderte im 18. Jahrhundert eine Abkehr von vermeintlich schädlichen kulturellen Einflüssen und eine Rückkehr zur Natur. Die Schüler sollen sich ausprobieren dürfen und dadurch Erfahrungen sammeln. Damit war der Grundstein für die Erlebnispädagogik gelegt. Lehrer sollten einen eigenen Einfluss vermeiden, damit das Kind sich selbst ein Urteil bilden könne.
Der Schweizer Johann Heinrich Pestalozzi entwarf noch im 18. Jahrhundert die Grundzüge der Sozialpädagogik. Wichtig war für Pestalozzi das ganzheitliche Lernen mit Kopf, Herz und Hand – und zwar schon frühzeitig und für alle Kinder des Volkes, auch die armer Eltern. Noten lehnte er ab.
Sein Schüler Friedrich Fröbel baute auf Pestalozzis Erkenntnissen auf und entwickelte die Idee des Kindergartens mit pädagogischen Ansprüchen. Viele seiner Ideen haben bis heute Bestand: Er etablierte Lernspiele mit den Fingern sowie Lieder für die Kinder und bildete Kindergärtnerinnen aus.
Ende des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben zahlreiche berühmte Reformpädagogen ihre Konzepte etabliert. Deren Merkmale überschneiden sich teilweise:
Hier bekommen Sie noch einmal einen schnellen historischen Überblick:
Schon frühe Ansätze, die die gängige Pädagogik reformieren wollten, setzten auf das Verbot körperlicher Züchtigungen. Viele Schulen nutzen auch keine Noten oder kompetitive Bewertungssysteme, um so den Druck von den Schülern zu nehmen. Die starren Fächerbeschränkungen werden aufgebrochen, um große Zusammenhänge zu verdeutlichen.
Handwerkliche, kreative und musische Ansätze haben oft mehr Bedeutung als in staatlichen Schulen. Bewegung und der Aufenthalt in der Natur werden großgeschrieben.
Die Kinder sollen ihrer natürlichen Neugierde folgen und aus Neigung lernen, nicht unter Zwang. Lehrer werden als Ansprech- und nicht als Autoritätspersonen verstanden. Selbstbestimmung und Eigenverantwortung spielen für viele Vertreter alternativer Pädagogik eine wichtige Rolle.
Schulen, die nach reformpädagogischen Ansätzen vorgehen, stehen oft von verschiedenen Seiten in der Kritik: Sie würden Kinder und Jugendliche nicht ernsthaft und nach dem vorgegebenen Plan auf den Arbeitsmarkt vorbereiten. Es fehle an Autorität, sodass die Kinder keine Regeln kennenlernten. Sie seien esoterisch angehaucht und vermittelten eigentümliche Weltbilder.
Deutlich bedenklicher sind Missbrauchsfälle, die in dem Eliteinternat Odenwaldschule vorgekommen sind, das über Jahrzehnte hinweg eine reformpädagogische Vorzeigeinstitution gewesen war. Die Untersuchung und Aufarbeitung der Fälle ließ lange und lässt noch immer zu wünschen übrig. Allerdings gibt es Kritikerstimmen, denen zufolge die gewollte Distanzlosigkeit zwischen Schülern und Lehrern derartigen Verbrechen Tür und Tor öffnet.
Achtung: Reformpädagogische Schulen sind private Schulen und damit kostenpflichtig.
Möchten Sie Ihr Kind in Deutschland nicht unbedingt auf eine staatliche Schule schicken, können Sie aus einem relativ breiten Angebot wählen. Sie finden Schulen, die etwa nach der Waldorf-, der Montessori- oder der Freinet-Pädagogik unterrichten. Je nach Kind kann das im Gegensatz zum starren Klassenverband ein Vorteil sein – beispielsweise, wenn der Fokus mehr auf dem Individuum liegt.
Das Wichtigste ist, dass Sie sich im Vorfeld gut informieren. Die entsprechenden Schulen bieten viel Informationsmaterial und haben häufig auch Angebote wie Tage der Offenen Tür, an denen Sie und Ihre Kinder sich einen Eindruck verschaffen können. Treffen Sie die passende Wahl, kann das der Entwicklung Ihres Kindes zugute kommen.
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