Kinderlähmung: Krankheitsbild und Behandlung erklärt

   
von Steffi B. - letzte Aktualisierung:
polio
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass mein Kind erkrankt?

Europa ist seit etlichen Jahren „poliofrei“ und das bedeutet: Das Risiko, dass Ihr Kind Polio-Viren aufschnappt, ist vergleichsweise gering.

Wie erkenne ich Polio bei meinem Kind?

Beim Großteil der Polio-Infektionen verläuft das Krankheitsbild ohne Symptome. Der Krankheitsverlauf variiert je nachdem, ob eine abortive, also eine nichtparalytische oder eine paralytische Poliomyelitis vorliegt.

Wie kann ich mein Kind vor der Kinderlähmung bewahren?

Eine Infektion mit Polio-Viren muss nicht sein, denn die Polio-Impfung ist Teil der Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission. Wer sich impfen lässt, verhindert auch, dass die Erreger langfristig Spätfolgen verursachen.

Polio – was ist das? Poliomyelitis anterior acuta heißt die spinale Kinderlähmung im Fachjargon. Sie ist eine nicht vererbbare Infektionskrankheit, die durch den Polio-Virus verursacht wird. Partiell gelangt dieser aus Risikogebieten nach Europa. Die effektivste Form der Vorbeugung ist die Impfung.

Wie oft impfen sinnvoll und zielführend ist und welche Symptome eine Erkrankung mit sich bringen würde, erfahren Sie in diesem Beitrag.

1. Die bekannte Form der Kinderlähmung entsteht durch Polio-Viren

Europa ist „poliofrei“

Nach einem Programm der Weltgesundheitsorganisation ist Deutschland seit 1990 frei von Infektionen und kämpft nur mit den Erregern, die eingeschleppt werden. Europa ist seit 2002 „poliofrei“ (Quelle: netdoktor.de). Um die Verbreitung einzudämmen, kämpfen Experten darum, dass auch Sie Ihr Kind gegen Kinderlähmung impfen lassen.

Kinderlähmung wird durch die Infektion mit Polio-Viren ausgelöst. Diese leben und vermehren sich im Magen-Darm-Trakt und werden in den meisten Fällen durch Schmierinfektion (Stuhl-Hand-Mund) verbreitet – seltener durch Tröpfcheninfektion beim Husten, Niesen oder Sprechen. Vor allem schlechte hygienische Zustände wie mit Fäkalien verunreinigtes Wasser und Nahrung begünstigen eine Ansteckung.

Die Erreger bahnen sich ihren Weg ins Blut und lösen dort im Nervensystem sowie im Mittel- und Stammhirn eine Entzündung aus. Vor allem der Bereich, der für die Kontrolle der Gliedmaßen im Gehirn verantwortlich ist, ist bei den Erregern ein besonders beliebtes Ziel. In der Folge werden Nerven zerstört, geschädigt und verursachen den Schwund sowie Lähmungserscheinungen an den Muskeln.

Achtung: Sorgen Sie vor allem in Risikogebieten für Hygiene. Meiden Sie verschmutzte Toiletten und waschen Sie sich regelmäßig die Hände. Einmal mit dem Polio-Erreger infiziert, können ihn Menschen mit gestörtem Immunsystem noch über Jahre hinweg übertragen. In der Regel ist eine Übertragung mehrere Wochen möglich – solange der Virus ausgeschieden wird.

1.1. Die zerebrale Kinderlähmung hat ihre Ursache in einer Funktionsstörung des Gehirns

Die weniger bekannte Form der Kinderlähmung ist als Cerebralparese in der medizinischen Fachliteratur zu finden. Mit dem Fachbegriff Cerebralparese wird die sogenannte zerebrale Kinderlähmung bezeichnet, die auch als „Morbus Little“ bekannt ist. Diese Form der zerebralen Kinderlähmung folgt einer Funktionsstörung im Gehirn Ihres Kindes.

Häufige Ursachen für die zerebrale Kinderlähmung sind Hirnblutungen, Hirngefäßverschlüsse sowie Sauerstoffmangel. Folgen sind die spastische Form, die schlaffe Form, die dyskinetische Form und die ataktische Form der zerebralen Kinderlähmung.

2. An diesen Symptomen erkennen Sie Kinderlähmung

Schluckimpfung bei einem Mädchen

Eine simple Schluckimpfung kann vor den Spätfolgen der Kinderlähmung schützen.

Nach der Übertragung des Virus vergehen drei bis 35 Tage, bis die Kinderlähmung ausbricht. Mehr als 95 Prozent der Infizierten zeigen keinerlei Symptome. Allerdings sind auch andere Krankheitsverläufe möglich.

  • Abortive Polio: Der Betroffene klagt etwa sechs bis neun Tage nach der Infektion über kurzzeitige Symptome wie Durchfall, Fieber, Übelkeit sowie über Schmerzen im Hals, am Kopf, im Magen und in den Muskeln. Die abortive Polio entwickelt sich bei circa vier bis acht Prozent der Infizierten. Dabei ist das zentrale Nervensystem nicht betroffen.
  • Nichtparalytische Polio: Die Patienten leiden drei bis sieben Tage nach der abortiven Poliomyelitis unter Fieber, Rückenschmerzen, Muskelkrämpfen und einem steifen Nacken. Die nichtparalytische Polio entwickelt sich bei circa zwei bis vier Prozent der Infizierten.
  • Paralytische Polio: Die Symptome einer nichtparalytischen Kinderlähmung bessern sich anfangs, jedoch tritt nach zwei bis drei Tagen erneutes Fieber auf. Begleitet wird es von schnell bzw. schrittweise eintretenden schlaffen Lähmungen. Meist treten diese asymmetrisch auf. Beine, Arme, Bauch, Brustkorb sowie Augenmuskeln können betroffen sein. Manchmal bilden sich die Lähmungen wieder zurück, oft auch nur teilweise. In sehr seltenen Fällen können Hirnnervenzellen geschädigt werden und eine zentrale Atemlähmung entstehen. Dann besteht Lebensgefahr. Die paralytische Polio entwickelt sich bei circa 0,1 bis einem Prozent der Infizierten. Bei 25 Prozent der Erkrankten bleiben leichte Schäden zurück. Weitere 25 Prozent der Erkrankten verbleiben mit schweren Schäden.

2.1. Die Spätfolgen einer Polio-Infektion sind gravierend

Das Post-Polio-Syndrom, eine Sonderform der Spätfolgen einer Polio-Infektion, werden häufig verkannt. Symptome der Spätfolgen sind Muskelschwäche, Muskelerschlaffung, Müdigkeit und das Gefühl der totalen Erschöpfung. Muskelzuckungen, Krämpfe, Probleme der Atemwege sowie Schwierigkeiten beim Schlafen, beim Regulieren der eigenen Körpertemperatur sowie beim Schlucken und anderen Funktionsdefiziten, erklärt die Polio Initiative Europa e.V. als die häufigsten Spätfolgen.

Wer die Spätfolgen von Kinderlähmung nicht erkennt oder gar missachtet, muss mit weiteren Komplikationen rechnen. Stattdessen raten Experten dazu, die Zeichen des Körpers zu erkennen, benötigte Hilfen anzunehmen und einen achtsamen Umgang mit dem eigenen Körper zu forcieren.

Sind die Hirnnerven vom Infekt betroffen, sind die Chancen auf Heilung gering. Ausgewiesen wird eine Todesrate von zwei bis 20 Prozent für diesen Fall. Die Lebenserwartung verringert sich in diesem Fall drastisch.

3. Die Besonderheiten der Erkrankung: Kinderlähmung kann nur symptomatisch behandelt werden

Bei Verdacht auf Kinderlähmung muss Ihr Kind sofort ins Krankenhaus. Zudem müssen Sie das zuständige Gesundheitsamt informieren. Ihr Kind bleibt dann in einem Einzelzimmer mit eigener Toilette. Es gelten strenge Hygienemaßnahmen. Falls die Labortests den Verdacht bestätigen, bekommt Ihr Kind entzündungshemmende Schmerzmittel gegen die Beschwerden und muss das Bett hüten. Das ist die einzig mögliche Form der Therapie.

Die Polio-Viren selbst – die Ursache der Poliomyelitis – lassen sich nicht behandeln. Deswegen kann jede Behandlung lediglich symptomatisch erfolgen und über den Verlauf entscheidet dann auch das Stadium, in dem Sie Ihr Kind in medizinische Obhut gegeben haben.

Klingen die akut entzündlichen Symptome langsam ab, könnte Ihr Kinderarzt Krankengymnastik verordnen. Ist keine Besserung in Sicht und vermehren sich Anzeichen auf eine Hirnhautentzündung, kommt Ihr Kind vermutlich auf die Intensivstation.

4. Mit einer simplen Schluckimpfung können Sie Ihr Kind vor Polio-Viren schützen

Polio Impfung gegen Kinderlähmung

Vier Impfungen sind nötig, um sich wirksam gegen den Polio-Virus zu schützen.

Die Schluckimpfung mit dem Zuckerwürfel kennen Sie vielleicht noch aus eigener Erfahrung. Bis 1998 wurde diese mit abgeschwächten aber vermehrungsfähigen Impfviren durchgeführt, erst im Januar 1998 hat die Ständige Impfkommission (STIKO) empfohlen, nur noch mit dem Totimpfstoff nach SALK® zu impfen.

Experten empfehlen seither vier Impfungen:

  • circa neun Wochen nach der Geburt (nach dem zweiten Lebensmonat)
  • nach dem dritten Lebensmonat
  • nach dem vierten Lebensmonat
  • am Ende des ersten Lebensjahres (im Alter von circa elf bis 14 Monaten)

4.1. Nach der Impfung können harmlose Impfreaktionen auftreten

Eine Schwellung oder Rötung der Einstichstelle, die teilweise wie ein blauer Fleck schmerzt, Müdigkeit, Frösteln, Kopf- und Gliederschmerzen, Schwellungen der naheliegenden Lymphknoten sowie Fieber über 39 Grad Celsius sind typische, aber harmlose Impfreaktionen. Mit Blick auf die eigentliche Kinderlähmung sind diese nicht als Komplikationen zu bezeichnen. In der Regel klingen diese Reaktionen nämlich nach der Impfung oder nach wenigen Tagen wieder ab.

Eine Auffrischung der Impfung wird im Alter von neun bis 17 Jahren empfohlen. Diese beinhaltet in der Regel auch den Schutz gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten. Zur Wirkkraft der Impfung heißt es beim Robert-Koch-Institut: Man kann trotz Impfung erkranken. Allerdings senkt jede Impfung die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung.

Tipp: Auch bei Reisen in Risikoregionen, wie z.B. nach Asien oder Afrika, sollten Sie Ihren Impfschutz rechtzeitig auffrischen lassen. Denken Sie bei Reisen immer daran: Die Kinderlähmung macht auch vor Erwachsenen nicht halt.

5. Weiterführende Literatur zur Kindergesundheit

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Kinderlähmung: Krankheitsbild und Behandlung erklärt
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