Säuglinge und Babys können noch nicht gut mit ihrer Umwelt kommunizieren. Deshalb ist es für Eltern manchmal schwer, Erkrankungen zu erkennen. Dazu gehört auch die Epilepsie bei Babys, denn nicht jeder epileptische Anfall ist gut zu erkennen. Lernen Sie die Spannbreite an Epilepsieformen, ihre Anzeichen und mögliche Behandlungsformen kennen.
Inhaltsverzeichnis
Je nach Art der Epilepsie sind die Symptome relativ eindeutig oder nur schwer zu deuten. Bei leichten epileptischen Anfällen bewegen sich die Augen des Babys auffällig. Sie verdrehen sich oder kippen seitlich weg. Außerdem kommt es zu Schmatzbewegungen und Ruderbewegungen der Arme und Beine. Bei schwereren Anfällen sind Muskelzuckungen und krampfartige Bewegungen zu beobachten.
Starke Verkrampfungen und rhythmische Bewegungen von Rumpf und Hüfte sind Teil von schweren epileptischen Anfällen.
Ob es sich um eine Epilepsieform handelt und wenn ja, um welche, kann durch die Diagnose durch medizinische Fachärzte gestellt werden.
Da die Erkrankung sich besser erkennen lässt, wenn die Symptome bestmöglich verstanden werden, lohnt es sich, einen typischen Anfall auf Video aufzuzeichnen.
Achtung: Eltern sollten bei einem auffälligen Verhalten des Säuglings in jedem Fall einen Arzt aufsuchen.
Epilepsie ist eine Erkrankung, die in jedem Alter zum ersten Mal auftreten kann. Besonders häufig treten epileptische Anfälle jedoch im frühen Kindesalter sowie bei Senioren auf. Es ist nur schwer feststellbar, wann und wie oft Neugeborene bzw. Säuglinge epileptische Anfälle haben. Jedoch ist auffällig, dass Frühgeborene besonders häufig betroffen sind.
Die Ursachen dafür liegen in den Komplikationen, die bei Frühchen auftreten können. Es gibt Schwierigkeiten während der Geburt, es kann zu einem Sauerstoffmangel kommen. Die Folgen können Hirnschädigungen sein, die zu epileptischen Anfällen führen.
Wie eine Epilepsie sich zu erkennen gibt, ist ganz unterschiedlich. Liegt die Ursache in Komplikationen während der Geburt, deren Folge eine Unterversorgung mit Sauerstoff ist, treten neben den epileptischen Anfällen oft weitere Symptome auf.
Epileptische Erkrankungen wie das Dravet-Syndrom oder die frühe myoklonische Enzephalopathie können hingegen auch ganz plötzlich auftreten. Der Verlauf einer epileptischen Erkrankung hängt entscheidend vom Typ, von der Behandlung und begleitenden Erkrankungen ab.
Unter Neugeborenenanfällen verstehen die Mediziner alle epileptischen-Anfälle, die in den ersten 48 Stunden nach der Geburt verzeichnet werden.
Die Ursache für diese Epilepsieform liegt zumeist in einer gestörten Gehirnaktivität, die durch Sauerstoffmangel vor oder während der Geburt entsteht.
Weitere Ursachen können sein:
Je nachdem, welche Ursache hinter einem Neugeborenenanfall steht, können die Symptome und die Prognose sehr unterschiedlich sein.
Oft bleiben die Anfälle auf den ersten Blick unbemerkt.
Werden die Babys umgehend behandelt, sind die Aussichten bei etwa der Hälfte der Babys gut und es sie können anfallsfrei leben. Die Entwicklung kann dann als nahezu normal gelten. Etwa ein Drittel der Babys leidet jedoch lebenslang an einer chronischen Form der Epilepsie.
Die frühe myoklonische Enzephalopathie ist eine der schweren Epilepsieformen, die in den ersten Lebenstagen eines Babys diagnostiziert wird. Hier kommt es zunächst zu auffälligen Muskelzuckungen, die die Körperhälften asymmetrisch betreffen und sich abwechseln. Anschließend kommt es zu epileptischen Anfällen, bei denen die Kinder jedoch bei Bewusstsein sind und den Anfall „miterleben“ können.
In der dritten Phase kommt es zu tonischen epileptischen Spasmen, bei denen es zu Verkrampfungen und Beugungen von Kopf, Hüfte und Oberkörper kommt.
Die Ursachen für diese schwere Art der Epilepsie sind nicht geklärt. In Verdacht stehen genetische Mutationen. Babys mit einer frühen myoklonischen Enzephalopathie haben eine schlechte Lebenserwartung, die Hälfte der Kinder stirbt innerhalb der ersten Lebenswochen- und Monate. Betroffene Kinder, die die akute Erkrankung überleben, leiden an schweren geistigen und körperlichen Behinderungen.
Das Ohtahara-Syndrom tritt in den ersten Lebenstagen des Babys auf. Es kommt zu tonischen Spasmen, die sich in langanhaltenden Verkrampfungen und Anspannungen des Körpers zeigen.
Das Syndrom ist auch als frühe infantile epileptische Enzephalopathie mit „Supression Bursts“ bekannt. Bei dem Ohtahara-Syndrom zeigt sich im EEG ein spezielles Entladungsmuster, das Mediziner als „Supression Bursts“ bezeichnen.
Die Ursache für diese Epilepsieform liegt zumeist in Fehlentwicklungen des Gehirns.
Ein Großteil der Babys stirbt in den ersten Lebenswochen- und Monaten, die überlebenden Kinder sind durch schwere körperliche und geistige Behinderungen ihr weiteres Leben lang stark eingeschränkt.
Im Krankheitsverlauf kann sich das Ohtahara- Syndrom in eine andere Epilepsieform wie das West-Syndrom oder das Lennox-Gastaut-Syndrom verändern.
Diese Epilepsieform ist durch seine Symptomatik besonders auffällig. Bei einem Anfall kommt es zu sogenannten „Blitz-Nick-Salaam-Krämpfen“, die zwischen dem dritten und 12. Lebensmonat das erste Mal auftreten. Dabei kommt es zu kurzanhaltende Spasmen, die die Babys wie Blitze durchfahren.
Gleichzeitig kommt es zu einem rhythmischen Beugen des Kopfes und Rumpfes. Zusätzlich wirft das Kind die Armen nach oben und vorne, was dem morgenländischen Gruß ähnelt. Blitzanfall – Nickanfall – Salaam-Anfall: Diese drei Anfälle treten zeitgleich in Serien von zehn bis 100 Anfällen auf, die nur von wenigen Sekunden unterbrochen werden. Das West-Syndrom tritt zumeist nach dem Aufwachen oder vor dem Einschlafen auf.
Die Ursache für diese Epilepsieform liegt zumeist in einer Schädigung des Gehirns, die während der Schwangerschaft, der Geburt oder kurze Zeit danach auftritt. Es kann aber auch ohne zugrundeliegende oder erkennbare Ursache zum West-Syndrom kommen.
Dann sind die Chancen am größten, dass es zu keinen weiteren Entwicklungsstörungen kommen wird.
Bei einer Hirnschädigung liegen oft auch andere körperliche sowie geistige Schäden und Behinderungen vor. Mehr als die Hälfte der betroffenen Kinder entwickeln weitere Epilepsieformen wie das Lennox-Gastaut-Syndrm.
Eine besonders schwere Epilepsieform ist das Dravet-Syndrom. Es tritt im ersten Lebensjahr auf, wobei es insbesondere im fünften Lebensmonat eine signifikante Häufung gibt. Während eines Anfalls erleiden die Babys fiebrige Krämpfe mit starken Muskelzuckungen, myoklonische Zuckungen, atypische Absencen und komplex-fokale Anfälle. Das Dravet-Syndrom ist auch als schwere myoklonische Epilepsie bekannt.
Die Ursache des Dravet-Syndroms liegt in einer Genmutation, bei der es zu Störungen in den elektrischen Entladungen der Nervenzellen kommt. Alle betroffene Babys und Kinder leiden an geistigen und körperlichen Behinderungen, die sie stark einschränken. Etwa 15 Prozent der Kinder sterben früh.
Epilepsieform |
Symptome |
Prognose |
---|---|---|
Neugeborenenanfälle | epileptische Anfälle in den ersten 48 Stunden nach der Geburt | Etwa Hälfte der Kinder kann bei schneller Behandlung anfallsfrei leben, ein Drittel erleidet langfristige Schäden |
Frühe myoklonische Enzephalopathie | In den ersten Lebenstagen: Muskelzuckungen, Verkrampfungen und Anfälle bei vollem Bewusstsein | schwere geistige und körperliche Behinderungen, ein Großteil der Kinder stirbt in den ersten Lebenswochen- und Monaten |
Ohtahara-Syndrom | In den ersten Lebenstagen: langanhaltende Verkrampfungen und Anspannungen | schwere geistige und körperliche Behinderungen sowie weitere Epilepsieerkrankungen, ein Großteil der Kinder stirbt in den ersten Lebenswochen- und Monaten |
West-Syndrom | Zwischen 3. und 12. Lebensmonat: Rhythmisches Beugen, kurze Spasmen (Blitzanfälle), Hin- und Herwerfen von Armen (Blitz-Nick-Salaam-Krämpfe) | Bei unklarer Ursache oft ein guter Entwicklungsverlauf, bei ursächlichen Hirnschäden oft weitere geistige und körperliche Behinderungen |
Dravet-Syndrom | Im 1. Lebensjahr: Absencen (Bewusstseinsstörungen), Zuckungen, schwere Anfälle mit Fieberkrämpfen | 15 Prozent der Kinder sterben früh, andere haben starke geistige und körperliche Behinderungen |
Nicht alle auffälligen Anfälle im Babyalter sind auf eine Epilepsie zurückzuführen. Besonders häufig sind die sogenannten Säuglingsmyoklonien.
Dabei kommt es bei Babys zwischen dem ersten und sechsten Lebensmonat zu Muskelzuckungen, die durch Festhalten von Arm oder Bein unterbrochen werden können.
Daneben sind auch vereinzelt Symptome wie Atempausen, starke Arm- und Beinbewegungen oder Augenzittern zu beobachten. Bei den Säuglingsmyoklonien handelt es sich um gutartige Anfälle, die keine Hirnschädigungen hervorrufen.
Eine Epilepsie muss auch bei Babys therapeutisch behandelt werden. Je nach Epilepsieform werden sie sehr oft medikamentös eingestellt.
(Klein-)Kinder, die sich mit einer ketogenen Diät ernähren, benötigen oft weniger Medikamente. Dabei wird auf Kohlenhydrate beinahe vollständig verzichtet und vor allem viel Fett zu sich genommen: Fleisch, Fisch, grünes Gemüse, Eier und Milchprodukte bilden die Grundlagen der Ernährung.
Ab etwa dem sechsten Monat, wenn mit Beikost begonnen wird, kann an eine spezielle Ernährungsform gedacht werden.
Bei speziellen Epilepsieformen kann durch einen chirurgischen Eingriff am Gehirn eine Reduktion der Anfälle oder sogar eine Anfallsfreiheit erreicht werden. Das Ziel von allen Behandlungsmethoden ist immer die Anfallsfreiheit und die bestmögliche Unterstützung bei der Entwicklung der körperlichen und geistigen Gesundheit des Kindes.
Die Prognosen sind insgesamt betrachtet gut: Kinder, die im frühen Alter an epileptischen Anfällen litten, sind im späteren Erwachsenenalter zu 70 Prozent anfallsfrei.
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