Besteht der Verdacht, dass sich Ihr Kind vergiftet hat, ist schnelles Handeln die oberste Priorität. Es gibt zahlreiche gefährliche Stoffe, die eine Vergiftung bei Kleinkindern und Babys auslösen können. Diese Stoffe sind in nahezu allen Haushalten zu finden und werden häufig nicht sicher genug verwahrt. Kleinkinder sind besonders gefährdet, denn sie können Gefahren durch giftige Stoffe und ungenießbare Flüssigkeiten noch nicht richtig bewerten und vergiften sich möglicherweise aus Neugier oder Unwissenheit. Wir erklären Ihnen die häufigsten Symptome einer Vergiftung und wie Sie sich im Notfall richtig verhalten sollten.
Inhaltsverzeichnis
In Deutschlands Giftnotrufzentralen und Giftinformationszentren werden jedes Jahr circa 150.000 Vergiftungen von Kindern und Kleinkindern gemeldet. Die meisten Intoxikationen ereignen sich zwischen dem 10. Lebensmonat und dem 4. Lebensjahr. Die meisten ärztlichen Behandlungen wirken noch lebensrettend und die betroffenen Familien kommen noch mit einem großen Schock davon. Doch leider verlaufen auch etwa 50 bis 100 Fälle tödlich.
Häufig kann man den Eltern keinen großen Vorwurf machen. Denn Kleinkinder sind mobil und neugierig. Sie durchsuchen gerne den Haushalt und wollen alles anfassen und am besten noch direkt in den Mund nehmen. Eines müssen Eltern aber unbedingt beachten: Sobald das Kind sich selbstständig bewegen kann, müssen alle gefährlichen Stoffe gesichert und außer Reichweite des Kindes aufbewahrt werden.
Die häufigsten Auslöser für eine Vergiftung, auf die Eltern besonderes Augenmerk richten sollten, sind:
Wie giftig und gefährlich die Wirkung ausfällt, hängt vor allem von der Dosis ab. Dennoch sollte schon die Aufnahme geringster Mengen eines Giftes vermieden werden. Denn bei kleinen Vergiftungen, fällt das Problem unter Umständen nicht auf und der Kontakt mit dem Giftstoff findet über einen längeren Zeitraum kontinuierlich statt, beispielsweise wenn ein Kleinkind über Monate hinweg die Blätter einer giftigen Zimmerpflanze isst. Dann können die gesundheitlichen Folgen gravierend sein, auch wenn kein akuter Vergiftungsunfall vorliegt.
Und nicht nur die orale Aufnahme eines Giftes kann zu einer Vergiftung führen. Auch durch Berührung oder Einatmen können giftige Partikel in den Körper gelangen.
1.1 Was ist eine Vergiftung?
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) definiert eine Vergiftung bzw. Intoxikation folgendermaßen:
»Eine Vergiftung (wissenschaftlich: Intoxikation) ist eine gesundheitsschädigende Einwirkung von chemischen, tierischen, pflanzlichen, bakteriellen oder sonstigen Stoffen auf den Körper. Die Aufnahme kann über den Verdauungskanal, die Atmungsorgane, die unverletzte Haut, durch Wunden oder durch Injektion erfolgen. Der Schweregrad der Gesundheitsschädigung wird von der aufgenommenen Menge (Dosis) bestimmt, die Art der Schädigung von der Besonderheit der Stoffwirkungen.« (Quelle)
Die Vergiftungserscheinungen sind sehr vielfältig, da jedes Gift unterschiedlich wirkt und die Symptome einzeln oder gemeinsam auftreten können. Hinzu kommt, dass sich die Symptome von Kind zu Kind unterscheiden können. Dennoch lassen sich Vergiftungen bei Kindern an gewissen Anzeichen erkennen:
Nicht alle diese Zeichen müssen für eine Vergiftung sprechen. Andere harmlose Ursachen und Erkältungen können natürlich auch zu den o.g. Symptomen führen. Bei einer Kombination aus mehreren Beschwerden sollte aber unbedingt die Ursache geklärt werden. Wenn kein akuter Verdacht auf einen Vergiftungsunfall besteht, reicht der Gang zum Kinderarzt.
Wenn bei Ihrem Kind eine Vergiftung vorliegt, sollten Sie sich zuerst Hilfe bei der Vergiftungszentrale oder direkt beim Notdienst holen. Wählen Sie 112.
Wenn sich Ihr Verdacht erhärtet, dass Ihr Baby oder Kleinkind eine Vergiftung hat, sollten Sie in jedem Fall tief durchatmen und unbedingt Ruhe bewahren. Erst mit einem klaren Kopf können Sie die richtigen Entscheidungen treffen. Hektik und Panik können gravierende Folgen haben.
Hier die wichtigsten Schritte, die Sie einleiten sollten:
Wählen Sie 112 und stellen Sie sich mit verständlicher und ruhiger Stimme vor: Name und Adresse zuerst. Als nächstes schildern Sie langsam, dass es sich um die Vergiftung eines Kleinkindes oder Babys handelt. Nennen Sie sofort das Alter des Kindes.
Wichtig zu wissen: Wenn Sie unverständlich oder hektisch sprechen oder sogar schreien, werden Sie nur Zeit verlieren. Denn dann werden Ihnen immer wieder Fragen gestellt und Sie müssen die nötigen Informationen erneut geben. Daher ist es wichtig, ruhig zu bleiben. Setzen Sie sich nicht unter Zeitdruck!
Der Notdienst braucht von Ihnen folgende Informationen, um die Vergiftung des Babys oder Kleinkindes richtig behandeln zu können:
Tipp: Um gut auf eine mögliche Vergiftung des Kindes vorbereitet zu sein, empfiehlt es sich, in der Hausapotheke Aktivkohle und Entschäumungsmittel vorrätig zu haben. Ebenfalls hilfreich können Vitamin A, Vitamin D oder Vitamin C Präparate sein. Sofern Sie Aktivkohle oder Entschäumungsmittel vorrätig haben, erwähnen Sie dies am Telefon, um auf Anweisung erste Maßnahmen einzuleiten.
Aktivkohle hilft bei vielen Giftstoffen, diese zu binden und aus dem Körper zu leiten. Eine Benutzung ist erst dann ratsam, wenn der Mitarbeiter der Vergiftungszentrale Ihnen dazu geraten hat. Hier gilt als Faustregel bei Vergiftungen: pro 1 kg Körpermasse je 1 g Aktivkohle einsetzen.
Bei schäumenden Stoffen, zum Beispiel Waschmittel, Seife und andere Reinigungsmittel, kann es dazu kommen, dass der Schaum in die Lunge gerät. Um dies zu verhindern, helfen Entschäumungsmittel wie z.B. Sab Simplex. Brot mit viel Butter kann auch helfen, hängt aber von der schaumbildenden Substanz ab. Beides sorgt jedoch dafür, dass sich der Schaum bindet.
Wenn Ihr Baby unter einer Vergiftung leidet und in Ohnmacht fällt oder der Atemstillstand eintritt, müssen Sie handeln – auch, wenn noch kein Notarzt da ist!
Eltern von Kleinkindern und Babys sollten unbedingt ihr Wissen über Erste-Hilfe-Leistungen auffrischen. Denn wenn der Notfall eintritt, ist jede Sekunde wertvoll. Die meisten Menschen haben nur im Rahmen der Führerschein-Schulung einen Erste-Hilfe-Kurs besucht und dieser liegt Jahre zurück. Daher ist es wichtig zu wissen, welche Maßnahmen Sie bei Kindern und Babys sofort ergreifen sollten. Lesen Sie hier weitere Tipps über Erste Hilfe bei Kleinkindern.
Bei einer Vergiftung kann eine richtig durchgeführte Reanimation das Leben Ihres Kindes retten.
Wenn ein Kind bei einer Vergiftung nicht mehr atmet, liegt ein Kreislaufstillstand vor und es muss schleunigst wiederbelebt werden. Bereits nach 3 Minuten ohne Sauerstoff kann das Gehirn folgenschwere Schäden nehmen.
Daher müssen Sie im Falle eines Herzstillstands sofort reagieren und mit einer Mund-zu-Mund-Beatmung beginnen.
Durch eine Herzmassage können Sie Leben retten und viel Zeit gewinnen. Daher ist es wichtig, diese Maßnahmen zu kennen und zu beherrschen.
Wenn das Kind bewusstlos und nicht mehr ansprechbar ist, aber noch atmet, bringen Sie es in die stabile Seitenlage. Hier finden Sie eine Anleitung zur stabilen Seitenlage. Beim Baby geht man etwas anders vor: Babys werden in die stabile Bauchlage gebracht. Bei Unsicherheit lassen Sie sich vorab von Ihrer Hebamme oder Ihrem Kinderarzt einmal zeigen, was mit stabiler Bauchlage gemeint ist.
Je mehr Chaos und Unordnung im Haushalt herrscht, desto höher ist die Gefahr etwas zu übersehen. Sorgen Sie daher immer für Ordnung in der Wohnung. Wenn Sie einige kleine Tipps beachten, können Sie Vergiftungsunfälle bei Kindern vermeiden:
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