Autonome Kinder: Tipps für die Erziehung willensstarker Kinder

   
von Dana S. - letzte Aktualisierung:
autonome kinder
Was ist unter dem Begriff autonome Kinder zu verstehen?

Der Begriff autonome Kinder wurde von dem dänischen Familientherapeuten Jesper Juul geprägt. Autonome Kinder zeigen ihre Willensstärke zumeist von Geburt an.

Welche Herausforderung ergeben sich für Eltern?

Eltern, die ein autonomes Kind haben, sind im Alltag häufig überfordert. Die Kinder sind deutlich selbstbewusster und wissen sehr genau, was sie möchten.

Wie geht man mit einem autonomen Kind am besten um?

Wenn Sie ein autonomes Kind haben, sollten Sie offen über die Situation sprechen und Ihr Kind nach dessen Bedürfnissen fragen.

Kinder können in der Trotzphase sehr anstrengend sein. Sie möchten permanent ihren Willen durchsetzen und ihre Grenzen austesten. Mitunter kann es sogar zu Wut- und Tobsuchtsanfällen kommen. Dies ist in einem gewissen Alter völlig normal. Autonome Kinder zeigen diese Verhaltensweisen jedoch von Geburt an.

In unserem Erziehungsratgeber möchten wir Ihnen gerne erklären, was autonome Kinder sind und welche Merkmale sie aufzeigen. Im Anschluss veranschaulichen wir Ihnen, welche alltäglichen Probleme mit einem autonomen Kind auftreten können. Zuletzt bekommen Sie Tipps, wie Sie sich den Alltag mit willensstarken Kindern erleichtern können.

1. Autonome Kinder sind von Geburt an willensstark

Eigensinnige Kinder sind erfolgreicher

In einer Studie haben Wissenschaftler mehr als 700 Kinder untersucht, um herauszufinden, inwiefern sich die jeweiligen Charaktereigenschaften auf den späteren beruflichen Erfolg auswirken. Dabei fanden sie heraus, dass Kinder, die störrisch sind und viele Regeln ignorieren, später erfolgreicher sind und mehr Geld verdienen.

Ab einem bestimmten Alter möchte ein Kind so oft wie möglich seinen eigenen Willen durchsetzen. Bei einem Kleinkind beginnt die sogenannte Autonomiephase in einem Alter von etwa zwei bis vier Jahren. Mit der Zeit lernen diese Kinder, dass sie nicht immer ihren eigenen Willen durchsetzen können, sondern sich auch an den Bedürfnissen anderer Menschen orientieren müssen.

Anders sieht es jedoch bei autonomen Kindern aus. Der Begriff „autonome Kinder“ wurde von dem dänischen Familientherapeuten Jesper Juul geprägt. Laut Erkenntnissen des Dänen ist bei diesen Kindern der Drang, selbstständig und unabhängig zu sein, besonders groß. Man geht davon aus, dass etwa 15 % der Kinder von Anfang an autonom sind.

Bei autonomen Kindern handelt es sich keineswegs nur um eine vorübergehende Trotzphase. Sie möchten von Geburt an selbstständig sein, sodass Eltern mit ihrer Erziehung oftmals an ihre Grenzen geraten.

2. Willensstarke Kinder erkennen

kind zeigt mit der Hand ein Nein an

Autonome Kinder wissen und zeigen ganz deutlich, was sie nicht möchten.

Viele Eltern sind sich jedoch unsicher, ob es sich bei ihrem Kind tatsächlich um ein autonomes Kind handelt. Es gibt keinen speziellen Test, den Sie anwenden können, um herauszufinden, ob Ihr Kind autonom ist. Dennoch zeigen diese Kinder typische Verhaltensweisen.

Zu diesen zählen:

  • Autonome Kinder wissen genau, was Sie möchten und versuchen stets ihre Interessen durchzusetzen.
  • Sie haben ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein und einen enormen Drang nach Selbstbestimmung.
  • Willensstarke Kinder willigen nur in einen Vorschlag ein, wenn sie eine absolute Wahlfreiheit haben.
  • Sie benehmen sich wie reife Erwachsene.
  • Sobald Eltern pädagogische Maßnahmen anwenden, weichen Sie vor ihnen zurück.
  • Autonome Kinder vermeiden Körperkontakt, wenn dieser nicht von ihnen selbst ausgeht.
  • Sie geben darauf Acht, dass ihre persönlichen Grenzen respektiert werden.
  • Willensstarke Kinder möchten stets ihre Integrität und Würde wahren.

Ist ein Kind willensstark, wirkt sich dies auch oftmals auf das Bindungsverhalten aus. Durch ein sicheres Bindungsmuster entsteht im Erwachsenenalter ein sicher-autonomer Bindungsstil.

3. Das ausgeprägte Selbstbewusstsein willensstarker Kinder kann zu Problemen führen

Mutter bestraft ihren Sohn, der ihr wiederum die Zunge rausstreckt

Strafen und Verbote sind bei autonomen Kindern überflüssig.

Sind willensstarke Kinder nun ein Fluch oder ein Segen? In unserer heutigen Gesellschaft stellen Unabhängigkeit und Willensstärke wichtige Eigenschaften dar. So möchten auch viele Eltern, dass ihre Kinder selbstbewusst, willensstark und autonom sind. Auf der anderen Seite bedeutet dies jedoch auch, dass Kinder ihren eigenen Kopf haben und sich nicht immer an Anweisungen halten.

Das Bedürfnis nach Selbstbestimmung kann im Alltag und in der Erziehung jedoch immer wieder zu Konflikten führen. Eltern sind oftmals verzweifelt, wenn ihre Tochter oder ihr Sohn alles allein entscheiden möchte und sich auf keine Kompromisse einlässt.

Bereits im Babyalter sind autonome Kinder häufig wach und erkunden sehr aktiv ihre Umwelt. Auch wenn sie nicht immer kuscheln möchten, können sie sehr anhänglich sein. So möchten sie selbst darüber bestimmen, was sie zu welcher Zeit haben möchten.

Wenn Eltern anfangen, sie zu etwas zu animieren, was sie selbst jedoch nicht wollen, kann es schnell zu Problemen kommen. Gleiches gilt für angewandte Erziehungsmaßnahmen. Autonome Kinder lassen sich weder erpressen noch manipulieren. Daher sollten keine Strafen eingesetzt werden.

Da das Verhalten dieser Kinder sehr speziell ist, haben Familien mit autonomen Kindern häufig mit Kritik von außen zu kämpfen. Handelt es sich um nahestehende Verwandte, Freunde oder Bekannte, können Sie versuchen, die Situation zu erklären.

Achtung: Autonome Kinder neigen zu Wutausbrüchen, wenn die äußeren Umstände nicht ihren Vorstellungen entsprechen. Sprechen Sie offen mit Ihrem Kind darüber, inwiefern solche Ausbrüche verhindert werden können.

4. Tipps für die Erziehung autonomer Kinder

Mutter spricht mit ihrem kleinen Sohn

Sprechen Sie mit Ihrem Kind über dessen Bedürfnisse.

Wer ein autonomes Kind erziehen muss, weiß nicht immer was gut und richtig ist. Daher möchten wir Ihnen im Folgenden Tipps geben, wie Sie am besten mit einem autonomen Kind umgehen können.

  • Vermeiden Sie „man-Aussagen“. Um authentisch rüberzukommen, sollten Sie bei Ihrem Kind stets die „Ich-Form“ verwenden.
  • Bieten Sie Ihrem Kind stets Liebe und Zuneigung an. Wichtig ist jedoch, dass sie diese nicht aufdrängen. Der Körperkontakt sollte stets vom Kind ausgehen.
  • Vermeiden Sie jeglichen Machtkampf. Reden Sie hingegen offen darüber, wie Konfliktsituationen umgangen werden können.
  • Bieten Sie Ihrem Kind so oft wie möglich Wahlmöglichkeiten an.
  • Verwenden Sie keine Babysprache, sondern gehen Sie respektvoll mit Ihrem Kind um. In vielen Fällen können Sie mit einem autonomen Kind bereits wie mit einem Erwachsenen sprechen.
  • Fragen Sie sich stets nach den Bedürfnissen Ihres Kindes. In diesem Moment sollten Sie jedoch auch klarstellen, dass andere Menschen nicht dieselben Bedürfnisse haben.
  • Machen Sie deutlich, was Sie in der jeweiligen Situation erwarten.
  • Geben Sie Ihrem Kind ausreichend Zeit, um über Gespräche oder Konflikte nachzudenken.
  • Beantworten Sie alle Fragen des Kindes ehrlich und authentisch. Autonome Kinder sind äußerst sensibel für Stimmungslagen und erkennen daher sehr schnell, wenn die Aussage nicht der Wahrheit entspricht.
  • Nehmen Sie Ihr Kind so an wie es ist. Wenn Sie Ihr Kind verändern wollen, kann sich die Situation erheblich verschlimmern.

Jesper Juul hat ein Buch geschrieben, welches sich ausführlich mit diesem Thema beschäftigt. In einem Interview beantwortet der Däne viele Fragen, die bei vielen Eltern aufgekommen sind. Das Interview sehen Sie in diesem Video:

5. Bücher von Jesper Juul

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