Kleptomanie bei Kindern: Ursachen und Behandlung, wenn Stehlen zum Zwang wird

   
von Ralf-Ingo S. - letzte Aktualisierung:
fußfessel kleptomanie
Was unterscheidet den typischen Diebstahl vom Eigentumsdelikt eines Kleptomanen?

Auf den ersten Blick wirken beide Straftaten gleich. Die Motivation ist jedoch anders. Während es dem Dieb in aller Regel darum geht, sich selbst zu bereichern, ist der Akt des Stehlens für den Kleptomanen das, was den Reiz ausmacht.

Kann man Kleptomanie bei Kindern heilen?

Ja, sofern eine geeignete Therapie gefunden wird. Wichtig ist allerdings, dass nicht nur die Symptome oberflächlich behandelt werden. Es geht vielmehr darum, die Ursache für die Zwangshandlung zu beseitigen.

Warum kommt es zu Kleptomanie bei Kindern?

Die Ursachen sind nicht abschließend erforscht. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass seelische Probleme auf diese Weise überspielt werden. Zudem besteht ein enger Zusammenhang mit weiteren neurologischen Impulskontrollstörungen wie beispielsweise der Borderline-Erkrankung.

Viele Kinder kommen Laufe ihres Lebens einmal mit dem Gesetz in Konflikt. Dies ist zwar nicht schön, jedoch ein Problem, das sich in aller Regel leicht lösen lässt.

Die Kleptomanie bei Kindern hat hingegen meist tiefere Ursachen, als sich selbst einmal auszuprobieren, um herauszufinden, wie es ist, etwas zu klauen.

Wir zeigen Ihnen, was es mit der Sucht zu Klauen auf sich hat und inwieweit Eltern ihren Kindern in dieser Situation am besten helfen können.

1. Kleptomanie bei Kindern – mehr als simples Stehlen

ein junge stiehlt ein smartphone

Kleptomanie bei Kindern ist ein vielfach unterschätztes Problem.

Erst seit dem Jahr 2013 ist Kleptomanie offiziell als Krankheit anerkannt. Kurz gefasst handelt es sich entsprechend der Definition um zwanghaftes Klauen.

Im Gegensatz zum typischen Diebstahl, bei dem es darum geht, sich selbst bereichern zu wollen, dreht es sich bei Kindern oder auch Erwachsenen, die unter Kleptomanie leiden, um den Akt des Stehlens selbst.

Der entwendete Gegenstand hat hingegen keine oder nur eine untergeordnete Bedeutung. Häufig wird das Diebesgut nicht einmal benötigt und sogar unmittelbar nach der Tat weggeworfen.

Der Zwang, etwas zu Klauen ist dabei jedoch so groß, dass es immer wieder vorkommt. Ein kurzzeitiges Glücksgefühl unmittelbar vor dem Stehlen und während der Durchführung verblasst meist sehr schnell wieder.

Auf diese Weise entsteht ein Teufelskreis, der eine intensive Beschäftigung mit dem Thema nach sich ziehen muss.

In aller Regel lassen sich die Ursachen lediglich im Rahmen einer Therapie herausfinden und lösen.
Zunächst sollten Sie daher versuchen, Ihr Kind zu verstehen und zu überlegen, warum es zu einer Zwangshandlung neigt.

Tipp: Zögern Sie eine Behandlung nicht hinaus. Je früher die Kleptomanie bei Kindern entdeckt und entsprechend gegengesteuert werden kann, desto positiver sind die Aussichten für das weitere Leben.

2. Der Zwang zu Stehlen – so sieht es im Kopf eines Kleptomanen aus

junges maedchen beim diebstahl einer flasche wein

Viele Dinge sind tatsächlich ohne Wert für die Kinder oder Jugendlichen.

Die Kleptomanie bei Kindern tritt nur selten isoliert auf. In aller Regel klagen Patienten, die den Zwang verspüren, etwas klauen zu müssen, über weitere Symptome.
Typisch sind eine Impulskontrollstörung sowie Angsterkrankungen und auch eine Depression.

Leider sind die unterschiedlichen Symptome jedoch nicht immer besonders leicht zu erkennen, da Kinder und Jugendliche oftmals gelernt haben, diese zu verstecken. Um jedoch die Sucht, immer wieder zu stehlen, zu unterbinden, ist eine intensive Erforschung der Ursachen nötig.
Dabei geht es oftmals um

  • unverarbeitete, traumatische Erlebnisse in der Kindheit
  • innerfamiliäre Konflikte und häufige Streitigkeiten
  • Mobbing oder soziale Ausgrenzung in der Schule
  • ein schwaches Selbstbewusstsein
  • nicht erlernter Umgang mit der eigenes Gefühlswelt (insbesondere mit negativen Emotionen)

Steigt der Serotoninspiegel während des Diebstahls an, so wirkt dies wie ein Rausch. Ebenso wie bei einer Droge verfliegt das gute Gefühl jedoch schnell wieder und zurück bleiben nur Schuldgefühle.

Die Scham ist zwar schlimm, hindert Kinder und Jugendliche jedoch nicht daran, erneut straffällig zu werden, da der Kopf schließlich eine Belohnung ausschüttet, wenn ein Diebstahl funktioniert.

Viele Kleptomanen befinden sich in einer ausweglosen Situation, da sie sich niemandem anvertrauen und so auch auf keine Hilfe von außen hoffen können. Zudem ändert eine Behandlung nichts daran, dass jedes Kind, welches stiehlt, eine kriminelle Handlung begeht und (sofern es strafmündig ist) dementsprechend verurteilt werden kann.

Einen interessanten Bericht über Kleptomanie sehen Sie in diesem Video:

3. Die rechtliche Beurteilung – zwischen Realität und richtiger Strafanwendung

Taschendiebstähle:

Laut aktuellen Zahlen der Bundespolizei kam es im Jahr 2017 zu 127.376 angezeigten Taschendiebstählen in Deutschland. Ein Teil davon geht auf Kleptomanen zurück. Leider gibt es dafür jedoch keine Statistik.

Die Folgen der Kleptomanie bei Kindern sind leider dramatisch. Je später eine Therapie ansetzt, desto mehr Zeit vergeht, in welcher sich das Verhalten immer weiter verfestigen kann.
Es entstehen Automatismen im Kopf, die ein Gegensteuern immer schwerer und langwieriger werden lassen.

Trotz der bestehenden Sucht und der Frage, ob ein Kleptomane tatsächlich stiehlt, um sich selbst zu bereichern, werden die Fälle der Kleinkriminalität in aller Regel schnell abgestraft.
Unterschiede zwischen Jugendlichen und Erwachsenen, die aus einem inneren Zwang heraus stehlen sowie anderen, denen es lediglich um die eigene Bereicherung geht, gibt es in der Anwendung des Strafgesetzbuchs in Deutschland nicht.

Leidet jemand jedoch unter einer Krankheit und sieht sich außer Stande, sich zu kontrollieren, so würde dies eigentlich eine Schuldunfähigkeit implizieren.

Eine verordnete Verhaltenstherapie wäre an dieser Stelle de facto der bessere Ansatz als eine schlichte Geld-, Bewährungs- und auch Gefängnisstrafe.

Tipp: Wer sich noch davor scheut, eine Therapie zu beginnen, dennoch gern mit anderen Menschen über das eigene Problem sprechen und es lösen möchte, kann sich an eine Selbsthilfegruppe wenden.
Viele größere Städte bieten Betroffenen inzwischen eine Möglichkeit, sich auf diese Weise gegenseitig zu unterstützen.

 

4. Handeln bei Verdacht – ein Test sorgt für Gewissheit

mausefalle die mit einem geldschein gespickt ist

Leider ist es in einigen Fällen nötig, Kindern eine Falle zu stellen.

Um Kleptomanie bei Kindern festzustellen, ist es wichtig, Gewissheit zu erlangen. Haben Eltern einen Verdacht, können sie dies offen ansprechen und nachfragen.
In aller Regel streiten Kinder und Jugendliche die Vorwürfe jedoch zunächst ab, sodass Sie vor einem weiteren Problem stehen.

Ohne Gewissheit können Sie keine weiteren Maßnahmen einleiten, da dies dem Vertrauensverhältnis im Wege steht.

Wird ein Kind hingegen bei einem Ladendiebstahl erwischt, sieht die Sache schon anders aus. Dies bedeutet allerdings noch lange nicht, dass ein Kind unter Kleptomanie leidet.
Vielleicht ging es auch schlicht und einfach um eine Mutprobe oder darum, etwas auszuprobieren.

Fragen Sie daher gezielt nach, ob es ein Problem gibt und zeigen Sie sich verständnisvoll. Offenheit und Eltern, die ihr Kind nicht verurteilen, sind in dieser Zeit besonders wichtig.

Streitet ein Kind einen Diebstahl hingegen ab, kann sich ein Test durchaus lohnen. Eine einfache Überwachungskamera mit Aufzeichnungsfunktion reicht schon aus, um Kinder oder auch Jugendliche in eine Falle tappen zu lassen.
Auch wenn dies sicherlich keine schöne Aktion ist, so ist es wichtig, Gewissheit zu erlangen, um entsprechend handeln zu können.

5. Die Kleptomanie bei Kindern behandeln – durch eine Therapie zu neuen Lebenszielen

eine junge frau in der therapiesitzung

Der Großteil der Patienten, die unter Kleptomanie leiden, sind Frauen.

Da es sich bei der Kleptomanie bei Kindern um eine Störung im Bereich der Impulskontrolle handelt, macht an dieser Stelle eine Verhaltenstherapie Sinn. Kinder und Jugendliche lernen, sich in der jeweiligen Situation zu beherrschen und dem inneren Zwang zu widerstehen.
Konfrontation ist daher ein wichtiger Bestandteil der Therapiesitzungen, um den Betroffenen ihr eigenes Handeln vor Augen zu führen.

Ist dieser Schritt gelungen, verschwindet der Zwang jedoch noch lange nicht. Es bedarf viel Zeit und Geduld, um dauerhaft gesund zu werden und zu bleiben.

Insbesondere emotional aufwühlende Ereignisse stellen Kleptomanen immer wieder vor eine harte Probe, da dies typische Situationen sind, in denen sie stehlen, um der (derzeit schlechten) Realität zu entfliehen.

Das langfristige Ziel einer jeden Therapie muss daher darauf ausgerichtet sein, dass Kinder und Jugendliche mental gefestigt sind, um auch kurzzeitigen Schicksalsschlägen zu trotzen und nicht auf alte Verhaltensmuster zurückzugreifen.

6. Weiterführende Literatur zur Verhaltensstörungen im Kindesalter

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