Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme 2018

Bertelsmann-Stiftung veröffentlicht jährliche Studie zur Qualität in deutschen Kitas

Der neue Ländermonitor Frühkindlicher Bildungssysteme ist da. Am 28. August 2018 veröffentlichte die Bertelsmann Stiftung ihre diesjährigen Statistiken zu Situation in deutschen Kitas. Summa summarum der Pressemitteilung: Die Qualität in den Kitas wird besser. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern bleiben extrem.

Aber: So einfach ist das alles nicht.

Wer sich den Ländermonitor genauer ansieht, stellt schnell fest: Kinderbetreuung in all ihren Facetten abzubilden ist komplex, extrem komplex. Um dieses System zu verstehen, müssen zahlreiche Aspekte berücksichtigt werden, die Qualität einer Kita auf den Personalschlüssel zu reduzieren, ist kurzsichtig. Wichtig ist auch die Frauenerwerbsquote, wieviele Kinder unter bzw. über drei Jahren in Fremdbetreuung sind, die Größe der Kita oder die durchschnittliche Betreuungsdauer der Kinder. Je nach Bundesland gibt es hier enorme Unterschiede, nach wie vor die größten, wenn man Ost- und Westdeutschland vergleicht. Die Strukturen, das Familienmodell in Berlin ist ein anderes als in München oder Stuttgart.

Ost vs. West

Die deutsche Frau bekommt im Schnitt 1,5 Kinder. Ob, wann und wie lange sie nach der Geburt wieder zurück an den Arbeitsplatz geht, sprich: die Kinder in Fremdbetreuung gibt, variiert je nach Bundesland stark. Im Osten arbeiten Frauen tendenziell früher und länger als im Westen. Am höchsten ist die Frauenerwerbsquote in Brandenburg, Thüringen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Letzteres verzeichnet auch die längsten Betreuungszeiten. Über 70% der betreuten Kinder gehen 45 Stunden oder mehr pro Woche in die Kita.

Ähnlich sieht es in Sachsen und Thüringen aus. In Berlin sind es knapp über 60%. Kinder in Baden-Württemberg verbringen dagegen tendenziell weniger Zeit in Fremdbetreuung, 25 bis 35 Stunden pro Woche sind hier die Norm. Der Anteil der Kinder im U3-Bereich ist dabei relativ gering, liegt bei unter 30% – ähnlich zB in Bayern, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern gehen über 55% der unter Dreijährigen in die Krippe, in Thüringen 53%, in Sachsen gut 50%. Heißt: Im Westen bleiben Mütter nach der Geburt tendenziell länger Zuhause bzw. arbeiten dann nach ihrer Rückkehr an den Arbeitsplatz weniger Wochenstunden als im Osten.

Höchster Personalschlüssel im Südwesten

Aber natürlich spielt auch die Größe der Kita eine wichtige Rolle und vor allem die personelle Situation und deren Qualifikation. Hier haben die Kinder in Baden-Württemberg die Nase vorn. Sieben Kindergarten- bzw. drei Krippenkinder kommen hier auf eine Erzieherin. Ganz anders sieht es da in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern aus. Mit 13 Kindergarten- bzw. sechs Krippenkindern kümmert sich eine Erzieherin im Schnitt um doppelt so viele Kinder als die KollegInnen im Süden. Dass da die Qualität, in Intensität der Betreuung leidet, darf nicht wundern. Die Aussage, im Osten wären ja auch mehr Krippenkinder in den Kitas, ist keine Begründung. Hier hilft nur, die Arbeit in der frühkindlichen Bildung attraktiver zu machen.

Mehr Attraktivität für den Beruf schaffen

Denn der Job des Erziehers hat keinen guten Ruf, genießt wenig soziale Anerkennung und ist verglichen mit anderen Berufen im Bildungssektor schlecht bezahlt. Außerdem fehlen den Einrichtungen Gelder. Die will die Regierung mit dem Gute-Kita-Gesetz bundesweit gerecht verteilen. „Gerecht“ bleibt hierbei jedoch Definitionssache. Laut Ländermonitor verschärfen die aktuellen Pläne, Gelder gleichmäßig auf die Bundesländer zu verteilen bzw. die Kita-Gebühren abzuschaffen, die Kluft zwischen Ost und West weiter.

Besser wäre, finanzielle Mittel je nach Anzahl der betreuten Kinder zu berechnen. Neben Personal am Kind fehle es nämlich auch an Leitungspersonal. Viele Kindertagesstätten stehen ohne Führung da, bzw. viele Leitungen haben für ihre eigentliche Arbeit zu wenig Zeit, weil sie am Kind arbeiten, um personelle Engpässe auszugleichen. Auch dadurch stagniert die Qualität einer Kita.

Die "gute Kita" bleibt komplex

So oder so: Das System der frühkindlichen Betreuung bleibt komplex. Vieles muss sich bessern, vieles steckt auch nach Jahren noch in den Kinderschuhen, vieles ist aber auch schon passiert. Man kann die Qualität der Kitas oder die Probleme oder Fortschritte der Einrichtungen nicht bundesweit über einen Kamm scheren. Wer sich die umfangreichen Ergebnisse der Studie ansieht, merkt schnell, dass unzählige Faktoren mitbedacht werden müssen, damit Kinderbetreuung weiter voran kommt – und dass sich diese Faktoren je nach Bundesland auch unterscheiden. Ein Gute-Kita-Gesetz muss das berücksichtigen, dann kann es viel bewirken.

Der Ländermonitor

Grundlage des jährlich aktualisierten Ländermonitorings Frühkindliche Bildungssysteme sind Auswertungen von Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder aus der Kinder- und Jugendhilfestatistik und weiteren amtlichen Statistiken. Weitere Informationen, aktuelle Daten und Fakten zu den frühkindlichen Bildungssystemen mit den Länderprofilen unter www.laendermonitor.de.