Spina bifida ist eine Fehlbildung, die in den ersten Tagen der Schwangerschaft auftritt. Das Neuralrohr beim Embryo schließt sich dabei nicht und es kommt zur einer Verschlussstörung.
Die Ursachen einer Spina bifida sind nicht medizinisch erwiesen. Die Fehlbildungen an Rückenmark und Wirbelsäule können vererbbar sein oder durch einen Mangel ausgelöst werden.
Unterschieden wird in zwei verschiedene Formen der Krankheit: Die Spina bifida occulta, die quasi unsichtbar ist, und die Spina bifida aperta, die deutlich sichtbar ist und therapiert werden muss.
Wenn Ihnen die medizinisch korrekte Bezeichnung der Krankheit „Spina bifida“ nur wenig sagt, so kennen Sie das Krankheitsbild dennoch bestimmt – zumindest vom Hörensagen. Spina bifida heißt wortwörtlich übersetzt „gespaltenes Rückgrat“. Sie kennen diese Krankheit vermutlich als „offenen Rücken“. Der offene Rücken ist die zweithäufigste, angeborene Fehlbildung. Was diese Fehlbildung für Sie und Ihr Kind bedeutet, erklären wir Ihnen in diesem Ratgeber.
Inhaltsverzeichnis
Die Spina bifida kann eine Fehlbildung an zwei Stellen verursachen: Am Rückenmark und an der Wirbelsäule. Diese Fehlbildung kann in unterschiedlichen Schweregraden auftreten. Im Fachjargon ist die Rede von einem sogenannten Neuralrohrdefekt, da sich sowohl das Rückenmark als auch die Wirbelsäule aus dem Neuralrohr eines Embryos entwickeln.
Die Häufigkeit einer Spina bifida erstreckt in Deutschland auf etwa ein bis zwei Babys von 1000 Neugeborenen. Besonders für Personen mit Kinderwunsch von Bedeutung: Die Wahrscheinlichkeit dieser Fehlbildung steigt um etwa drei bis fünf Prozent, wenn bereits Familienmitglieder mit einem Neuralrohrdefekt auf die Welt kamen.
Wird bei Ihrem Kind Spina bifida diagnostiziert, lag die Ursache darin bereits in der Frühschwangerschaft. Die Ursache für Spina bifida ist eine Störung in dem Entwicklungsschritt, in dem sich das Neuralrohr schließen sollte. Das passiert bereits in der dritten oder vierten Schwangerschaftswoche.
Unklar ist und bleibt, wodurch die Krankheit genau entsteht. Sowohl erbliche Faktoren als auch Umweltfaktoren können Ursachen für diese Krankheit sein. Ein Mangel an Folsäure während der Schwangerschaft ist ein möglicher Risikofaktor. Auch Frauen, die während der Schwangerschaft Anti-Epileptika einnehmen, haben ein um etwa ein Prozent höheres Risiko, dass bei Ihrem Baby der Rücken „offen“ bleibt. Eine Rolle kann auch eine während der frühen Phase der Schwangerschaft schlecht eingestellte Diabetes mellitus spielen.
In diesem Entwicklungsschritt kann es zu zweierlei Störungen kommen:
Das Kreuzbein und die Lendenwirbelsäule sind meist betroffen, Brust- und Halswirbelsäule eher selten. Am häufigsten bildet sich die Krankheit zwischen dem fünften Lendenwirbel und dem Kreuzbeinwirbel.
Diese Formen von Spina bifida sind bekannt:
Darüber hinaus wird auch in diese Ausprägungen unterschieden:
Ausprägung des offenen Rückens | Symptome, die nach der Geburt diagnostiziert werden |
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Rhachischisis | Dabei handelt es sich um eine andere Bezeichnung für Spina bifida aperta.
Mediziner verwenden diesen Fachbegriff für besonders schwere Befunde, bei denen das Nervengewebe ohne Hautüberzug völlig frei liegt. |
Meningozele | Nur die Rückenmarkshäute (Meningen) wölben sich durch den Wirbelbogenspalt unter der Haut hervor. Die Lage des Rückenmarks ist normal. |
Meningomyolezele | Meningen und Rückenmark befinden sich als Zele sichtbar unter der Haut. |
Die Chiari-Fehlbildung ist eine besonders schwere Form der Spina bifida. Hier ist das Kleinhirn sowie die Verbindung zwischen Hirn und Rückenmark durch das Hinterhauptsloch nach unten Richtung Wirbelkanal gezogen. Dadurch ist die Zirkulation der Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit gestört, wodurch zusätzlich ein sog. Wasserkopf (Hydrcephalus) auftritt. Die Folge können Teilleistungsschwächen (z.B. Rechenschwäche) oder Epilepsie sein.
Die Symptome fallen sehr unterschiedlich aus. Entscheidend ist der Ort der Spaltbildung und die Art der Verwölbung. Bei einer Spina bifida occulta können Sie meist keine Symptome erkennen. Das Rückenmark ist nicht beteiligt, da nur der Wirbelbogen gespalten ist. Deswegen bleibt sie meist unentdeckt.
Sind allerdings Rückenmark und Rückenmarkshäute betroffen – handelt es sich also um die offensichtliche Form der Krankheit – sind viele Symptome möglich. Probleme beim Gehen kann eine der harmloseren Auswirkungen sein, denn auch Querschnittslähmungen sowie massive Einschränkungen von Blase und Darm sind denkbar.
Drückt das Rückenmark durch den krankheitstypischen Spalt, wird es geschädigt. Das kann Lähmungen der Muskeln und eine Fehlfunktion im Magen- und Darmtrakt zur Folge haben. Auch ein Verlust des Gefühls- und Schmerzempfindens ist möglich.
Häufige Harnwegsinfekte und Probleme beim Wasserlassen treten dann auf, wenn durch die Spina bifida die Blasenfunktion gestört ist. Dies kann zu Inkontinenz oder der Problematik führen, dass Betroffene keinen Urin lösen können. Gegebenenfalls wird Ihr Kind auch über das Windelalter hinaus Windeln tragen müssen.
Info: Kommt Ihr Kind mit Spina bifida zur Welt, kann es sich geistig ganz normal entwickeln, wenn im Gehirn keine Fehlbildung vorliegt.
Die Diagnose erfolgt mithilfe einer Ultraschalluntersuchung im Rahmen der regulären Schwangerschaftsvorsorge. Ab der 16. Woche können Sie Ihr Kind auch einem speziellen Bluttest unterziehen, der Ihnen Klarheit bringen wird. Anhand dieses sogenannten Tripletests kann in vier von fünf Fällen die Spaltenbildung der Wirbelsäule festgestellt werden.
Allerdings gibt es auch eine Einschränkung: Das Ausmaß und die Folgen für das Ungeborene lassen sich vor der Geburt nicht eindeutig klären. Auch Ihr Arzt kann lediglich Vermutungen anstellen, wie stark Ihr Kind beeinträchtigt sein kann.
Info: Erfolgt die erste Diagnose nach der Geburt, folgen genauere Untersuchungen beim Kinderarzt, beim Neurologen, beim Orthopäden und beim Augenarzt, um das Ausmaß der Fehlbildung zu bestimmen. Dabei kommt Ihr Kind zum Röntgen, zum Ultraschall und ins CT.
Die Therapie hängt von der Art und dem Ausmaß der Spinfa bifida ab. Die harmlose Form der Spina bifida muss oft überhaupt nicht behandelt werden, da sie meist keine Auswirkungen auf Ihr Kind hat. Die offensichtliche Form der Spina bifida wird in den ersten zwei Lebenstagen Ihres Babys operiert. Das Ziel dabei ist, die Nerven und das Rückenmark zu schützen.
Ein ausgeprägtes Krankheitsbild operativ zu behandeln, erhöht die Überlebenschancen Ihres Kindes deutlich und steigert die Lebenserwartung. Manche Kliniken bieten die Möglichkeit an, den offenen Rücken schon via OP im Mutterleib zu verschließen. Der Vorteil dabei ist, dass Nerven und Rückenmark bereits vor der Geburt geschützt sind und die Nervenfunktionen besser erhalten bleiben. Allerdings kann dadurch auch das Risiko einer Frühgeburt steigen, was nicht bedeuten muss, dass ihr Kind keine Chance hat zu leben.
Bilden sich an der Stelle des mikrochirugischen Eingriffs Narben, könnten sich Gewebe und Rückenmark verwachsen. Da das das Wachstum behindern kann, ist später eventuell eine weitere Operation nötig.
Tipp: Für Schwangere und Personen mit Kinderwunsch bietet die Arbeitsgemeinschaft Spina Bifida und Hydrocephalus e.V. weitere Informationen zu pränatalen Diagnosen.
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