Parentifizierung verstehen und bewältigen: Ein Leitfaden

   
von Nadine Karaschewski - letzte Aktualisierung:

Wie erkennt man Parentifizierung in der Familie?

Parentifizierung erkennst Du daran, dass Kinder übermäßige Verantwortung für ihre Eltern oder Geschwister übernehmen und dabei ihre eigenen Bedürfnisse vernachlässigen. Lies hier mehr…

Was kann man tun, um Parentifizierung entgegenzuwirken?

Um Parentifizierung entgegenzuwirken, helfen offene Kommunikation, altersgerechte Rollenverteilung und gegebenenfalls professionelle Unterstützung. Lies hier mehr…

Welche Faktoren tragen zur Entstehung von Parentifizierung bei?

Familiäre Probleme, mangelnde soziale Unterstützung und kulturelle Erwartungen an die Kinder können zur Parentifizierung beitragen. Lies hier mehr…

Parentifizierung ist ein Phänomen, bei dem Kinder in der Familie zu früh Verantwortung übernehmen – beispielsweise für ihre Eltern oder Geschwister. Dabei vernachlässigen sie meist ihre eigenen Bedürfnisse. Das kann für die betroffenen Kinder sehr belastend sein.

In diesem Ratgeber erfährst Du, wie Du Parentifizierung erkennen kannst, welche Faktoren dazu beitragen und mit welchen Maßnahmen Du deiner Familie helfen kannst, wieder ein gesundes Gleichgewicht zu finden.

Parentifizierung: Definition

Ein Mittel gegen Parentifizierung ist Familienzeit, bei der auf alle Familienmitglieder geachtet wird.

Parentifizierung tritt auf, wenn Kinder gezwungen werden, elterliche Verantwortung und Pflichten zu übernehmen, die normalerweise außerhalb ihres Entwicklungsbereichs liegen. Es gibt zwei Hauptformen: emotionale und instrumentelle Parentifizierung.

Emotionale Parentifizierung bezieht sich auf Situationen, in denen das Kind die emotionale Unterstützung für seine Eltern oder Geschwister übernimmt. Dies kann bedeuten, dass das Kind in Familienkonflikten vermittelt, die Eltern bei persönlichen Problemen tröstet oder ihnen hilft, mit Stress umzugehen. Dabei vernachlässigen sie oft ihre eigenen emotionalen Bedürfnisse.

Achtung: Ältere Kinder auf ihre Geschwister aufpassen zu lassen, kann sehr gefährlich sein. Ein noch kleines Kind auf ein jüngeres Kind aufpassen zu lassen ist keine altersgerechte Verantwortung.

Bei der instrumentellen Parentifizierung geht es eher um praktische Aufgaben und Verantwortlichkeiten wie die Betreuung jüngerer Geschwister, die Erledigung von Hausarbeiten oder die Unterstützung der Familie in finanziellen Angelegenheiten. In diesen Fällen übernimmt das Kind Aufgaben, die normalerweise den Eltern obliegen.

Anzeichen von Parentifizierung

Um zu erkennen, wann Deine Kinder zu viel Verantwortung übernehmen, solltest Du als Elternteil aufmerksam sein und darauf achten, ob die Bedürfnisse aller Familienmitglieder angemessen erfüllt werden. In Familien mit mehreren Kindern tritt die Parentifizierung oft nur bei einem Kind auf, das zu stark in die Verantwortung gezogen wird.

Folgende Anzeichen von Parentifizierung solltest Du bei Deinem Kind achten:

  • Übermäßige Sorge um das Wohlergehen der Eltern oder Geschwister
  • Vernachlässigung eigener Bedürfnisse und Interessen
  • Schwierigkeiten, altersgerechte Freundschaften und Beziehungen zu pflegen

Wenn Du Anzeichen von Parentifizierung bei Deinem Kind bemerkst, ist es wichtig, frühzeitig professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um langfristige negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und Entwicklung des Kindes zu verhindern.

Ursachen von Parentifizierung

Parentifizierung kann aus unterschiedlichen Gründen entstehen, doch oft wird das Ungleichgewicht in der Familie durch eine schwierige Situation hervorgerufen.

Hier sind einige Typische Situationen, die zur Parentifizierung bei Kindern beitragen können:

  • Familiäre Probleme, wie Scheidung, Krankheit oder Suchterkrankungen der Eltern
  • Fehlende soziale Unterstützung für die Familie
  • Kulturelle oder gesellschaftliche Erwartungen an die Kinder

Zwar ist es verständlich, wenn Du als Elternteil in einer schwierigen Situation mit Deinen Aufgaben überfordert bist, diese Last sollte jedoch nicht auf eines Deiner Kinder umgelagert werden. Selbst wenn das Kind vermeintlich „alt genug“ für die ihm übertragene Verantwortung ist, trügt der Schein oft. Parentifizierte Kinder können sich im Stillen überfordert und vernachlässigt fühlen.

Auswirkungen der Parentifizierung auf Kinder

Eltern sollten ihren Kindern emotionalen Rückhalt und Sicherheit geben – und nicht umgekehrt.

Menschen, die in ihrer Kindheit von Parentifizierung betroffen waren, können schwerwiegende psychische Probleme entwickeln. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass sich parentifizierte Kinder oft selbst hinten anstellen müssen, was ihre Entwicklung beeinträchtigt.

  • Beeinträchtigung der emotionalen und sozialen Entwicklung
  • Geringeres Selbstwertgefühl und erhöhte Stressbelastung
  • Schwierigkeiten, im späteren Leben gesunde Beziehungen zu führen

Die Beziehung zu den Eltern ist eine der prägendsten Beziehungen im Leben eines Menschen. Wie wir und selbst und unsere Gegenüber in dieser Beziehung erleben, kann sich auf unser Sozialleben im Erwachsenenalter auswirken. Parentifizierung kann dazu führen, dass das Kind sich ungeliebt oder unwichtig fühlt – diese Gefühle können einen Menschen auch in späteren Beziehungen noch prägen.

Maßnahmen gegen Parentifizierung: Wie Du Deiner Familie helfen kannst

Wenn Du Anzeichen von Parentifizierung bei einem Deiner Kinder feststellst, solltest Du handeln. Parentifizierung ist ein sehr komplexes Problem, weshalb Du Dir in schwierigen Fällen professionelle Hilfe suchen solltest.

Hier sind ein paar Vorschläge, was gegen Parentifizierung in der Familie helfen kann:

  • Offene Kommunikation über die familiären Verantwortlichkeiten
  • Suche professionelle Hilfe, z.B. durch Familientherapie oder Beratungsstellen
  • Stärkung des sozialen Netzwerks der Familie

Schon gewusst? Ältere Kinder sind häufiger von Parentifizierung betroffen, weil sie häufig in eine Verantwortungsrolle für ihre jüngeren Geschwister hineinwachsen. Das älteste Kind neigt oft dazu, elterliche Aufgaben zu übernehmen, um die Eltern zu entlasten oder familiäre Probleme zu bewältigen.

Unterstütze Deine Kinder dabei, ihre Kindheit zu genießen, indem Du ihnen altersgerechte Verantwortung überträgst und ihre individuellen Bedürfnisse berücksichtigst. Natürlich kann es altersgerecht und in Ordnung sein, wenn Kinder ihren Eltern helfen – etwa den Tisch für das Abendessen zu decken – aber Kinder sollten nicht dauerhaft auf Kosten ihrer eigenen Entwicklung und Freizeit eingespannt werden.

Prävention von Parentifizierung

Parentifizierung kann einer unbeschwerten Kindheit im Weg stehen.

Wenn Du in Deiner Rolle als Elternteil besondere Unterstützung brauchst, informiere Dich über wohltätige Organisationen oder erkundige Dich in Deinem sozialen Umfeld nach einer erwachsenen Person, die Dir weiterhelfen kann. Bedenke, dass Dein Kind nicht für Deine Bedürfnisse verantwortlich ist.

Folgende Aspekte beugen Parentifizierung vor und fördern ein gesundes Gleichgewicht in der Familie:

  • Klare Rollenverteilung innerhalb der Familie etablieren
  • Realistische Erwartungen an die Kinder setzen
  • Zeit für gemeinsame Familienaktivitäten und Entspannung schaffen
  • Bei mehreren Kindern Raum für jedes einzelne Kind und seine Bedürfnisse schaffen

Lass es in einer belastenden Familiensituation am besten gar nicht erst so weit kommen, dass Du einem Deiner Kinder zu viel Verantwortung aufbürdest. Versuche dies auch nicht „übergangsweise“ zu tun. Oft genug werden aus solchen Übergangszuständen nämlich Gewohnheiten.

3 Tipps für ein ausgewogenes Familienleben

  1. Regelmäßige Familientreffen zur Kommunikation und Planung
  2. Individuelle Zeit für jedes Familienmitglied einplanen
  3. Auf die Bedürfnisse und Wünsche der einzelnen Familienmitglieder eingehen

Familienharmonie durch bewusstes Handeln fördern

Parentifizierung kann weitreichende Folgen für das Wohlbefinden und die Entwicklung von Kindern haben. Indem Du die Anzeichen von Parentifizierung erkennst, ihre Ursachen verstehst und geeignete Maßnahmen ergreifst, kannst Du dazu beitragen, ein gesundes Gleichgewicht in Deiner Familie herzustellen.

So gibst Du Deinen Kindern die Möglichkeit, ihre Kindheit in vollen Zügen zu genießen. Offene Kommunikation, professionelle Unterstützung und die Förderung eines ausgewogenen Familienlebens sind entscheidend für die Prävention und Bewältigung von Parentifizierung.

Quellen:

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