Nachehelicher Unterhalt: So wird der Unterhalt nach der Scheidung berechnet

   
von Ralf-Ingo S. - letzte Aktualisierung:
nachehelicher unterhalt
Was bedeutet nachehelicher Unterhalt?

Der Begriff des nachehelichen Unterhalts bezeichnet einen Anspruch, der bestehen kann, wenn die Eheleute bereits rechtskräftig geschieden sind.

Habe ich immer einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt?

Nein, eigentlich soll jeder Ehepartner nach einer Scheidung wieder für sich selbst sorgen. Es gibt jedoch zahlreiche Fälle, in denen dennoch ein Unterhaltsanspruch besteht.

Wie kann ich die Höhe des nachehelichen Unterhalts berechnen?

Die Rechtsprechung orientiert sich bei der Berechnung an der 3/7-Methode. Wie diese im Detail funktioniert, welche Abzüge geltend gemacht werden können und welche Faktoren das Einkommen erhöhen, erfahren Sie an dieser Stelle.

Eine Scheidung bringt für beide Partner zahlreiche Veränderungen mit sich. Nicht nur im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse, sondern auch im finanziellen Bereich geht es um eine grundlegende Neustrukturierung.

In unserem Beitrag zeigen wir Ihnen, wie sich nachehelicher Unterhalt berechnen lässt und unter welchen Voraussetzungen Sie einen Anspruch gegen Ihren Expartner haben bzw. etwas zahlen müssen.

1. Nachehelicher Unterhalt – was sich hinter dem sperrigen Begriff verbirgt

eine saege schwebt ueber einem haus als symbol der teilung bei einer scheidung

Nicht nur das Gesamtvermögen wird nach der Scheidung geteilt.

Grundsätzlich müssen Sie zunächst zwischen einer Trennung und einer Scheidung differenzieren. Sind Sie noch verheiratet, haben sich jedoch bereits getrennt, so steht Ihnen in aller Regel ein Anspruch auf Trennungsunterhalt zu.
Dieser ist relativ hoch und orientiert sich an den ehelichen Lebensverhältnissen.

Etwas anders sieht es hingegen nach der Scheidung aus. Da die gemeinsame Ehezeit endet, erlischt auch die Verpflichtung für den anderen Partner zu sorgen.
Jeder Partner ist also im Prinzip für sich und sein Leben wieder selbst verantwortlich. Dies ergibt sich aus § 1569 BGB.

Dennoch steht Ihnen oftmals nachehelicher Unterhalt zu, sofern die Ehe gewisse Voraussetzungen erfüllt. Die Anforderungen sind allerdings deutlich erweitert und die Höhe des Anspruchs sinkt.

Achtung: Eine sehr kurze Ehe löst meist keine nachehelichen Unterhaltsansprüche aus.

2. Nachehelicher Unterhalt als Regelfall

Trotz der gesetzlichen Regelung, die den nachehelichen Unterhalt als Ausnahme darstellt, ist es in der Praxis üblich, dass der weniger verdienende Partner fast immer Unterhalt erhält.

Das Familienrecht sieht zwar grundsätzlich vor, dass jeder Partner nach der Scheidung einer Erwerbstätigkeit nachgehen muss, um seinen eigenen Unterhalt sicherzustellen, macht dies jedoch von zahlreichen Ausnahmen abhängig:

eine familie getrennt durch ein zerbrochenes herz

Wer Kinder versorgen muss, hat deutlich länger einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt.

  • Die Betreuung kleiner Kinder (unter 3 Jahren) entbindet komplett von der eigenen Erwerbstätigkeit.
  • Bei älteren Kindern kann schrittweise eine Teilzeittätigkeit erwartet werden.
  • Aufgrund fortgeschrittenen Alters ist die Aufnahme einer Arbeit unzumutbar (dies gilt insbesondere, wenn ein Partner jahrelang während der Ehe nicht gearbeitet hat).
  • Eine Krankheit oder sonstige körperliche Einschränkungen stehen der Pflicht zur Aufnahme einer Arbeit entgegen.
  • Die Arbeit muss angemessen sein. Konkret bedeutet dies, dass einem studierten BWLer beispielsweise keine einfache Tätigkeit im Lager zugemutet werden kann, bzw. dass er oder sie diese Stelle nicht annehmen muss.
  • Wer eine Ausbildung begonnen hat, kann erwarten, dass nachehelicher Unterhalt gezahlt wird, wenn die Ausbildung fortgesetzt wird.

Darüber hinaus gibt es eine Menge weiterer nicht näher definierter Umstände, die dazu führen, dass Sie zumindest für eine gewisse Dauer mit nachehelichem Unterhalt rechnen können.

Wie lange Sie nachehelichen Unterhalt zahlen müssen oder aber erhalten, hängt neben diesen Faktoren vor allem von der Dauer der Ehe ab.
Je länger diese war und je älter der weniger unterhaltsberechtigte geschiedene Ehepartner ist, desto länger sind Sie unterhaltsverpflichtet bzw. unterhaltsbrechtigt.

3. So berechnen Sie die Höhe des nachehelichen Unterhalts

ein ueberweisungstraeger mit dem wort unterhaltszahlungen sowie einem taschenrechner und bargeld

Die Summe der Unterhaltszahlungen kann immens sein.

Wenn Sie den nachehelichen Unterhalt berechnen, geht es stets um einen Vergleich der Einkommen beider Ehegatten. Verdient einer der beiden Ex-Partner kein eigenes Geld, so wird das Einkommen entsprechend mit 0 angesetzt.
Die Düsseldorfer Tabelle, die eine entscheidende Rolle spielt, wenn Sie den Kindesunterhalt berechnen, kann Ihnen beim nachehelichen Unterhalt lediglich Anhaltspunkte liefern, jedoch keine konkreten Werte.

Die Berechnung von nachehelichem Unterhalt erfolgt anhand der 3/7-Methode. Dies bedeutet, dass beide Einkommen gegenübergestellt werden und der weniger verdienende Ex-Partner 3/7 erhält, während der andere 4/7 bekommt.
Dieses leicht ungleiche Verhältnis soll sicherstellen, dass derjenige, der mehr verdient, auch weiterhin einen Anreiz hat, arbeiten zu gehen und den Lebensunterhalt des Expartners sicherzustellen.

Nehmen wir an, Sie verdienen 2.500 € netto im Monat, während Ihr Expartner 3.500 Euro netto verdient, so steht Ihnen nach der obigen Methode folgender Anspruch zu:

3.500 Euro – 2.500 Euro = 1.000 € 1.000 x 3/7 = 428,57 Euro

Ihnen blieben damit insgesamt 2.928,57 Euro zum Leben, während Ihr Ex-Partner 3.071,43 verwenden kann.

Das Gehalt bezieht sich immer auf das gesamte Jahreseinkommen, sodass auch Urlaubs- oder Weihnachtsboni anteilig zu berücksichtigen sind.

Die Differenz wird jedoch durch zahlreiche Faktoren gemindert. Dies sind beispielsweise der Kindesunterhalt, ein abzuzahlender Kredit (sofern dieser bereits in der Ehe bestand) oder auch hohe Fahrtkosten zur Arbeitsstätte.

Darüber hinaus erhöhen Mieteinnahmen aus Immobilien oder Einkünfte aus Kapitalvermögen das Einkommen, sodass der Anspruch auch deutlich höher ausfallen kann.

Tipp: Haben Sie gemeinsame Kinder, so müssen Sie gemäß des Familienrechts vorrangig Kindesunterhalt entsprechend der Düsseldorfer Tabelle zahlen.
Dieser Betrag mindert damit direkt die Höhe des nachehelichen Unterhalts.

3.1. Nachehelicher Unterhalt – diese Faktoren mindern den Unterhaltsanspruch

Verjährung:

Zahlt ein Ex-Partner keinen Unterhalt, so können Sie diesen bis zu 3 Jahre rückwirkend einklagen. Bei einem bereits titulierten Anspruch ist auch eine direkte Gehaltspfändung möglich. Zudem haben Sie 30 Jahre Zeit, den Anspruch durchzusetzen.

Die wichtigsten Faktoren, die typischerweise eine Minderung des Unterhaltsanspruchs zur Folge haben, haben wir Ihnen in der folgenden Liste zusammengefasst:

  • Altersvorsorgeleistungen (in Form privater Zusatzversicherungen)
  • Fahrtkosten zur Arbeit
  • Ausbildungskosten
  • Kredite (die vor der Ehe bestanden haben oder aber notwendig wurden, weil das Eigenkapital nicht zur Anschaffung typischer Haushaltsgeräte ausreichte)
  • vorrangige Unterhaltszahlungen (Kindesunterhalt)

Achtung: Verdienen beide Ex-Ehepartner nicht viel, so kann ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt auch aufgrund der Einhaltung des Selbstbehalts ausscheiden.
Wer weniger als 1.200 Euro (nach sämtlichen Abzügen) verdient, muss keinen nachehelichen Unterhalt zahlen.

3.2. Die Erhöhung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt

  • Steuerrückzahlungen
  • Mieteinnahmen durch Immobilien
  • sonstige Sachleistungen, die das Arbeitseinkommen mindern (Dienstwagen)
  • ersparte Mietaufwendungen (aufgrund einer selbst bewohnten Immobilie)
  • Kapitaleinkünfte (Aktien, Fonds etc.)

Tipp: Sie können nachehelichen Unterhalt zum Teil ausschließen. Dies hat jedoch Grenzen, die sich an den jeweiligen Lebensverhältnissen orientieren. Für Einzelheiten fragen Sie daher am besten einen Rechtsanwalt.

Einige allgemeine Informationen über den nachehelichen Unterhalt sehen Sie auch in diesem Video:

4. Ausnahmen – in diesen Fällen besteht kein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt

gewalt in der ehe

Straftaten stehen einem Anspruch auf nachehelichen Unterhalt entgegen.

Auch wenn nachehelicher Unterhalt sehr häufig gezahlt wird, so gibt es auch Ausnahmen, die dazu führen, dass der Anspruch ausscheidet.

Besonders häufig ist dies bei einer sehr kurzen Ehedauer der Fall. Wer nicht einmal ein Jahr verheiratet ist, kann sich nicht darauf berufen, sich nach dem Trennungsjahr nicht um sich selbst kümmern zu können.
Je länger die Ehe hingegen dauert, desto eher müssen Sie langjährige Ansprüche einkalkulieren.

Kommt es innerhalb der Ehe zu einer Straftat, so kann dies dazu führen, dass der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt verwirkt ist. Typisch ist in diesem Zusammenhang ein Körperverletzungsdelikt.
Derjenige, der verletzt wurde, ist demzufolge von der Pflicht, Unterhalt zu zahlen, befreit.

Ebenfalls ein Grund für die Verwirkung kann ein neuer Partner sein. Dafür muss die neue Partnerschaft allerdings verfestigt sein.
Dies ist Auslegungssache, wird jedoch zumeist nach spätestens 3 Jahren des Zusammenlebens angenommen.
Auch eine erneute Heirat oder aber eine große gemeinsame Anschaffung, wie beispielweise der Kauf eines Hauses, führen zur Beendigung der bisherigen Unterhaltsansprüche.

Tipp: Insbesondere bei möglichen Verwirkungsgründen, die ein bereits bestehendes Urteil über die Höhe des nachehelichen Unterhalts beeinflussen, lohnt es sich, den Rat eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen.

5. Finanzratgeber rund um das Thema Trennung und Scheidung

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