Kinder erzählen mit ihren Bildern Geschichten und wollen sich durch das Zeichnen zum Ausdruck bringen.
Die Malentwicklung folgt einem bestimmten Muster. Mit ein paar Kenntnissen können Sie diese Entwicklung live verfolgen.
Bereits im Alter von ein bis zwei Jahren beginnen Kinder mit allerlei Stiften herumzukritzeln. Da Kinder durch diese Zeichnungen ihre Gefühle ausdrücken können, sollten Eltern ihren Kindern möglichst viele Materialien anbieten und die Kritzeleien nicht kritisieren oder korrigieren.
Kinderzeichnungen zu analysieren, ist gar nicht so leicht, denn die gezeichneten Bilder müssen stets im Kontext betrachtet werden. In unserem Ratgeber geben wir Ihnen ein paar Tipps, wie Sie verschiedene Kinderbilder deuten können. Außerdem erklären wir Ihnen, welche verschiedenen Phasen der Malentwicklung durchlaufen werden.
Inhaltsverzeichnis
Fördern Sie die Lust am Malen durch Bereitstellung von Materialien.
Die Psychologie beschäftigt sich schon seit etwa hundert Jahren damit, was Kinderzeichnungen erzählen können. Anhand der gezeichneten Bilder ist es möglich, in die Welt eines Kindes einzutauchen. Das Wissen über bestimmte Entwicklungsschritte hat dazu beigetragen, dass Psychologen immer besser verstehen können, was ein Kind mit der Zeichnung ausdrücken möchte.
Allerdings ist bei der Auswertung von Kinderbildern auch Vorsicht geboten. Fehlinterpretationen können zu falschen Diagnosen und Missverständnissen führen. Achten Sie daher darauf, dass Sie keine voreiligen Schlüsse ziehen und stets die Entwicklungsstufe und den Entstehungshintergrund des Bildes miteinbeziehen.
Es gibt verschiedene Anlässe, die ein Kind dazu bringt, ein Bild zu malen.
Dazu zählen:
Die verschiedenen Anlässe möchten wir Ihnen im Folgenden näher beschreiben.
Jedes Kind hat ein Drang nach Bewegung. Dies äußert sich natürlich auch in Kritzeleien und Schmierereien. Das Kind bewegt die Hände und Finger, um mit Stiften oder teilweise sogar mit Nahrungsmitteln ein Blatt oder den Tisch zu verzieren. Je größer die Fläche ist, desto interessanter ist es für das Kind, seiner Kreativität freien Lauf zu lassen.
Der sogenannte Mann-Zeichen-Test (MZT) von Herman Ziler ist eine Möglichkeit, um die Entwicklungsreife von Kindern festzustellen. Er wird häufig in Frühförderstellen oder heilpädagogischen Einrichtungen eingesetzt.
Kinder bilden in Zeichnungen oftmals das ab, was ihnen in der Realität am besten gefällt. War das Kind beispielsweise vor einigen Tagen im Zoo, stehen in der nächsten Zeit zumeist Tiere im Vordergrund der Zeichnung. Das bedeutet, dass die Erlebnisse des Alltags häufig Einzug in die Malerei erhalten.
Gefühle oder Empfindungen drücken Menschen vor allem über die Sprache aus. Kinder bevorzugen es jedoch, sich über Bilder auszudrücken. So können Gefühle wie Freude, Trauer oder Angst einen enormen Einfluss auf die Art der Zeichnung haben. Auch die Art und die Intensität von Beziehungen stellen Kinder gerne auf einem Bild dar.
Der materiale Anlass ist sozusagen der Grundstein für die Entstehung von Kinderbildern. Um Kinder zum Malen zu motivieren, sollten Sie möglichst viele Materialien anbieten und eine angenehme Atmosphäre schaffen. Zudem ist es wichtig, dass Sie den Kindern keine Vorgaben machen und das Bild nicht kritisieren.
Die Entwicklungspsychologie erforscht unter anderem, inwiefern die Entwicklung nach einem bestimmten Muster abläuft. Psychologen und Wissenschaftler fanden dabei heraus, dass jedes Kind verschiedene Phasen durchläuft. Die meisten Modelle orientieren sich dabei an den Malentwicklungsstufen nach Piaget (1992).
Die verschiedenen Phasen der Malentwicklung möchten wir Ihnen in der folgenden Tabelle genauer darstellen:
Alter (in Jahren) | Phase | Beschreibung |
---|---|---|
0-1 | Schmieren |
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1-2 | Kritzeln |
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2-4 | Vorschemaphase |
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5-8 | Schemaphase I |
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8-12 | Schemaphase II |
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Ausgeglichene Kinder benutzen zumeist viele verschiedene Farben.
Wie bereits erwähnt, spielen die verschiedenen Farben in der Kritzelphase keine bedeutende Rolle. Ab diesem Zeitpunkt werden sie jedoch für Kinder immer wichtiger. Zunächst werden die Kinder versuchen, den Menschen, Tieren oder Gegenständen die Farbe zu geben, in der sie in der Realität existieren. Dies bedeutet, dass die Wiese grün, der Himmel blau und die Sonne gelb ist.
Farben werden von Kindern jedoch auch genutzt, um Gefühle malen zu können. Rückschlüsse auf das seelische Befinden können jedoch erst bei Kindern ab einem Alter von etwa sechs Jahren gezogen werden. Kinder, die eine seelische Gesundheit aufweisen, benutzen in der Regel viele verschiedene Farben, um ihrem Bild Ausdruck zu verleihen. Auffällig wird es erst, wenn ein Kind bevorzugt oder sogar ausschließlich eine Farbe für seine Zeichnungen verwendet.
Während warme Farben wie Rot oder Gelb eher für Ausgeglichenheit stehen, gelten dunkle Farben wie Schwarz oder Blau als Zeichen von Traurigkeit. Obwohl Kinder die Farbe Rot gerne für ihre Zeichnung benutzen, kann die Dominanz dieser Farbe ein Zeichen für Wut, Gewalt und Aggression sein. Traurige Zeichnungen, in denen die Farbe schwarz dominiert, können darauf hinweisen, dass das Kind Ängste aufweist.
Achtung: Urteilen Sie nicht zu vorschnell! Ein Bild kann auch deshalb mit nur einer Farbe gemalt werden, weil dies beispielsweise die momentane Lieblingsfarbe darstellt oder kein anderer Stift zur Hand war.
Das Familienbild ist ein beliebtes Motiv bei Kindern.
In der zeichnerischen Entwicklung von Kindern tauchen immer wieder bestimmte Motive auf.
Zu diesen zählen in erster Linie:
Interessant ist zunächst, wie sich das Kind in einer Zeichnung selbst darstellt. Während selbstbewusste Kinder darauf achten, dass sie im Mittelpunkt des Bildes stehen, malen sich schüchterne Kinder eher kleiner und in Gegenwart von Tieren oder Pflanzen. Hat ein Kind Angst oder fühlt sich bedroht, werden auch häufig Symbole wie Gewitterwolken oder Blitze über dem eigenen Kopf verwendet. Körperteile, die Kindern wichtig sind, werden beispielsweise besonders groß dargestellt.
Gleiches gilt für die Beziehungen innerhalb einer Familie. In diesen Familienbildern werden die Personen besonders groß und in die Bildmitte gemalt, die dem Kind besonders wichtig sind. Malen Kinder beispielsweise Freunde mit ins Familienbild kann daraus geschlossen werden, dass diese eine wichtige Rolle im Leben des Kindes spielen. Ist ein Familienmitglied besonders groß und mächtig gezeichnet, kann dies darauf hinweisen, dass diese Person besonders viel Macht auf die anderen ausübt. Wenn das Kind die Familie als Tiere malt, möchten es dadurch eventuell verborgene Gefühle ausdrücken.
Sobald Kinder ihre Geschlechtsmerkmale kennenlernen, werden weibliche und männliche Personen besonders stereotypisch gemalt. Während der Mann beispielsweise einen Vollbart bekommt, stehen bei einer Frau besonders glänzende, lange Haare im Vordergrund. Im Vorschulalter werden die jeweiligen Personen dann mit Brüsten oder Penissen gemalt.
Die Zeichnung von einem Haus ist bei Kindern im Vorschulalter sehr beliebt. Diese Häuser sind ein wichtiges Symbol für Geborgenheit. Offene und glückliche Kinder malen oftmals ein sehr großes Haus mit vielen Verzierungen.
Die Sonne, Bäume, Blumen und Wolken sind Motive, die Kinder gerne in einem Bild festhalten. Je älter sie werden, desto naturgetreuer werden die Abbildungen. Die Zeichnung eines Baumes sagt zudem viel über die Entwicklung und Reife des Kindes aus. Während der Baum zu Anfang nur schemenhaft dargestellt wird, besteht er im Laufe der Zeit aus einem Stamm, einer Krone und Wurzeln.
Bildnachweise: pico/AdobeStock, contrastwerkstatt/AdobeStock, stockpics/AdobeStock, Liddy Hansdottir/AdobeStock (nach Reihenfolge im Beitrag sortiert)