22.05.2019, 11:06 von Amelie S.
Unter dem Hashtag #deinkindauchnicht präsentiert sich unter anderem Wilson Gonzalez Ochsenknecht vollgesabbert im Latz oder auf dem Töpfchen. Der Grund hierfür: Es handelt sich um eine Kampagne gegen Eltern, die Kinderfotos ihrer Kleinen bedenkenlos im Netz teilen. Was sie als süß empfinden, kann ihre Kinder kränken und ihre Entwicklung negativ beeinträchtigen. Zudem warnen Experten vor dem unbedachten Teilen von Fotos im digitalen Raum.
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Das Teilen von Fotos, Videos und Texten ist inzwischen so normal geworden wie morgens aufzustehen. Doch leider machen viele Eltern auch vor den Fotos ihrer Kinder nicht Halt. In Deutschland leben ca. 20 Millionen Kinder, ein Viertel davon kann man anhand von Fotos im Netz sehen.
Die Kampagne #deinkindauchnicht ist nicht die Erste, die versucht kritisch mit diesem Verhalten umzugehen. Schon seitens des deutschen Kinderhilfwerks erschien in der Vergangenheit die Facebook-Kampagne #erstdenkendannposten, die sich speziell mit diesem Thema auseinandersetze. Oft werden die Rechte oder Meinungen der Kinder in den Posts der Eltern nicht berücksichtigt, obwohl dieses offenkundige Verbreiten von Fotos und Videos vielen Kindern gar nicht passt oder sich sogar negativ auf sie auswirken kann.
In 37 Interviews mit Kindern zwischen 6 und 15 Jahren kam zum Vorschein, dass einige sogar Protest ihren Eltern gegenüber ausüben. Sie finden die Fotos weder witzig noch niedlich, sondern peinlich oder sorgen sich sogar davor, von anderen dafür ausgelacht zu werden.
Auch wenn Kinder offiziell erst ab 14 Jahren ein Mitbestimmungsrecht haben und es vorher bei den Eltern obliegt, ob sie Fotos ihrer Sprösslinge teilen, sieht die Professorin der Humanwissenschaft an der Universität Köln Nadia Kutscher das Ganze anders: Für sie gilt, dass Eltern immer vorher fragen sollten. Auch Kinder haben ein Recht über ihre Fotos zu verfügen, besonders im digitalen Raum.
Das Teilen von Fotos auf Instagram. Facebook und Co kann sogar richtig gefährlich werden, meint Kerstin Demuth, Mitarbeiterin im Verein für Digitalcourage. Was einmal im Netz ist, verschwindet bekanntlich nie wieder, betont sie. Zudem können Fotos auf Plattformen wie Instagram laut den AGB sogar an Dritte, beispielsweise Werbetreibende weitergegeben werden. Facebook kann anhand geringer Angaben, wie etwa den Standort der Grundschule Rückschlüsse auf das soziale Milieu und das Einkommen schließen. In der Folge können die Heranwachsenden, wenn sie sich später selbst auf der Plattform bewegen, durch Werbung zielgerichtet manipuliert werden.
Selbstverständlich ist auch die Gefahr groß, dass die Fotos der eigenen Kinder vom Strand oder beim Sport bei Pädophilen auf dem PC landen. Hier ist besondere Vorsicht für Eltern mit öffentlichen Profilen geboten. Selbiges gilt für Eltern, die auch wenig bis gar nicht bekannte Personen unter ihren Followern oder in ihrer digitalen Freundesliste haben.
Zuletzt sind auch die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und Entwicklung des Kindes nicht zu vernachlässigen meint auch die Psychologin Bärbel Wardetzki mit dem Spezialgebiet Narzissmus und Kränkung. Sie betont, das Kind merke, wenn ihm beim Fotografieren besondere Aufmerksamkeit und Liebe zuteil werden würde. In der Folge suche es sich dann auch im späteren Leben verstärkt Bestätigung von außen. Die Entwicklung des eigenen, Selbstwertgefühls leidet unter diesem Mechanismus.
Zudem nehmen Kinder selbstverständlich die Erwartungshaltung ihrer Eltern wahr und versuchen entsprechend dieses Fremdbild des süßen, lustigen oder tollpatschigen Kindes zu verwirklichen und sind in der Entwicklung ihres eigenen Selbstkonzepts gehemmt. Dieser Meinung schließt sich auch das UNICEF Kinderhilfswerk an. UNICEF warnt zudem vor späteren Mobbing durch Klassenkameraden, die die Kinderfotos im Netz aufspüren.