Hegt ein Paar einen Kinderwunsch, wird auf Verhütungsmittel verzichtet, um baldmöglichst eine Schwangerschaft herbeizuführen.
Wenn es dann trotzdem nicht klappt, liegt zumeist eine Infertilität vor. Welche Ursachen diese bei Frauen und Männern haben kann und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, erfahren Sie hier.
Unter einer Infertilität wird die Unfruchtbarkeit einer Frau bzw. eines Mannes verstanden. Bevor die Unfruchtbarkeit festgestellt wird, vergeht zumeist ein Jahr, in dem ein Paar trotz dem Verzicht auf Verhütungsmittel bei regelmäßigem Geschlechtsverkehr kein Kind zeugen kann.
Im Normalfall vergeht dieser Zeitraum, bis eine ärztliche Untersuchung auf die Ursache angeordnet wird. Oft wird von einer primären Infertilität gesprochen, wenn noch keine Schwangerschaft eingetreten ist. Von einer sekundären Infertilität wird gesprochen, wenn es bereits Schwangerschaften gab und keine weitere eintreten kann.
Bei Frauen wie auch Männern können die eigenen Lebensumstände die Erfüllung eines Kinderwunsches erschweren.
So kann Stress den Eisprung beeinflussen, starkes Rauchen und regelmäßiger Alkoholgenuss stören die Samenproduktion und können bei der Frau beispielsweise Eileiterentzündungen begünstigen, die zu Infertilität führen können.
Zu den umweltbedingten Einflüssen gehören auch chemische Stoffe wie etwa Pflanzengifte, die über die Luft oder Nahrung aufgenommen werden, radioaktive Strahlen und Medikamente.
Können nach eingehender Untersuchung keine eindeutigen Ursachen festgemacht werden, spricht man von einer idiopathischen Infertilität.
Bei Frauen wird zwischen hormonellen und organischen Ursachen für eine Unfruchtbarkeit unterschieden. Besonders häufig betrifft sie die Funktionen der Eileiter.
Die Hormone haben einen großen Einfluss auf Psyche und Körper. Ist der Hormonhaushalt gestört, kann es insbesondere bei Frauen zu einer Infertilität kommen.
Je nachdem, welche Ursache dahintersteckt, kann die Infertilität als temporär oder chronisch eingestuft werden. Die Auswirkungen einer Störung des Hormonhaushaltes auf die Fruchtbarkeit gestalten sich zumeist dermaßen, dass die Eizellen nicht ordnungsgemäß heranreifen oder es zu wenig sind. Der Eisprung kann auch komplett ausbleiben oder die Fruchtbarkeit durch einen unregelmäßigen Eisprung eingeschränkt sein.
Ein gestörter Hormonhaushalt kann außerdem Folgen für die Beschaffenheit der Gebärmutterschleimhaut haben, so dass sich Embryos nicht optimal einnisten können. Ist der Zervixschleim verändert, verhindert das unter Umständen das Durchdringen der Spermien bis zur Gebärmutter.
Zu den weiteren hormonellen Ursachen für eine Infertilität gehören:
Zu den organischen Ursachen für eine Infertilität gehören insbesondere jene, die die Funktion der Eileiter beeinträchtigen. Vor allem Eileiterentzündungen, die oft durch Entzündungen, Infektionen und Operationen entstehen, können zu Verwachsungen oder Zysten in den Eileitern führen. So wird der Weg des Spermas auf dem Weg zur Gebärmutter behindert.
Durch funktionelle Störungen oder Erkrankungen, vor allem aber infektiöse Geschlechtskrankheiten wie die Chlamydien-Infektion, können die Eileiter auch verschlossen oder unbeweglich sein.
Weitere Ursachen für organische Störungen, die zur Unfruchtbarkeit führen, sind Verwachsungen und gutartige Tumore in der Gebärmutter sowie die Erkrankung Endometriose.
Achtung: Die regelmäßige gynäkologische Untersuchung kann schwerwiegende Entzündungen vermeiden bzw. rechtzeitig erkennen, um eine Infertilität zu verhindern.
Sehr selten sind angeborene Fehlbildungen von Eileiter, Gebärmutter oder anderen Organen für die Unfruchtbarkeit zuständig. Eine weitere seltene Ursache ist eine immunbedingte Abwehrreaktion des weiblichen Körpers gegen die Spermien oder die eigenen Eizellen. Diese Reaktion wird als immunologische Infertilität bezeichnet.
Auch bei Männern können die Ursachen für einen unerfüllten Kinderwunsch gesucht werden. Oft liegen diese in unbeweglichen Spermien, einer zu geringen Spermienanzahl oder Schwierigkeiten bei der Produktion.
Die Testikuläre Spermienextraktion (TESE) ist eine ambulante Operation, bei der einem Mann mehrere Gewebeproben aus dem Hoden entnommen werden. Können so Spermien gewonnen werden, kann (nur) über eine Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) die Befruchtung einer Eizelle erfolgen.
Einer der häufigsten Gründe für die Infertilität des Mannes ist eine gestörte Spermienproduktion.
Ein Grund dafür kann ein nicht oder spät erkannter Hodenhochstand sein. Normalerweise befinden sich die Hoden zur Geburt eines Jungen bereits im Hodensack. Sind sie zur Geburt noch im Bauchraum oder in den Leisten, muss das Kind ärztlich behandelt werden, damit die Hoden nachrutschen. Dieses Ziel wird entweder durch eine Operation oder eine Hormonbehandlung erreicht.
Wurde der Hochstand eines Mannes nicht behandelt, kann dies zur Unfruchtbarkeit oder auch Hodenkrebs führen.
Eine weitere Ursache für die männliche Infertilität ist die sogenannte Varikozele, eine Krampfader, die sich zumeist am linken, aber auch am rechten Hoden befinden kann. Diese Krampfader kann zu einer schlechteren Spermienqualität und auch Schmerzen führen. Im Hinblick auf einen Kinderwunsch kann versucht werden, die Spermienqualität durch eine Operation zu verbessern.
Die wichtigste, bekannte genetisch bedingte Ursache für die Infertilität eines Mannes ist das Klinefelter-Syndrom.
Dabei besitzt der betroffene Mann anstatt der üblichen 46 XY-Chromosomen ein zusätzliches X-Chromosom, so dass er auf einen Chromosomensatz von 47 XXY kommt. Diese Anomalität hat unter anderem eine stark eingeschränkte Samen- und Hormonproduktion zur Folge. Möchte der betroffene Mann ein Kind zeugen, muss zumeist versucht werden, durch eine operative Hodenbiopsie (TESE) Spermien zu gewinnen. Dabei wird dem Mann Hodengewebe entnommen, das im besten Fall Spermien enthält. Dieses kann dann für eine künstliche Befruchtung genutzt werden.
Es ist empfehlenswert, die Biopsie in einem möglichst jungen Alter durchführen zu lassen, da damit die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Spermien gefunden werden.
Weitere Ursachen für eine Infertilität können bakterielle Entzündungen im Bereich der Hoden, Nebenhoden oder auch Prostata sein, die die Samenkanäle verkleben oder die Samenbildung einschränken.
Zu den häufigsten hormonellen Ursachen gehören Störungen der männlichen Geschlechtshormone, Schilddrüsenhormone oder Hormone der Hirnanhangsdrüse. Diese können mit einer Hormontherapie behandelt werden.
Selbstverschuldet ist eine Infertilität aufgrund von willentlicher Einnahme von Anabolika, beispielsweise bei Doping oder Bodybuilding.
Auch Männer, die sich einer Vasektomie unterzogen haben, gelten als unfruchtbar. In einigen Fällen kann diese Infertilität rückgängig gemacht werden.
Welcher Weg nach der Diagnose Infertilität eingeschlagen wird, hängt von dem Wunsch des Paares ab.
Grundsätzlich kann es bei einer starken Unfruchtbarkeit, womöglich sogar beider Partner, sinnvoll sein, den Kinderwunsch aufzugeben oder eine Adoption in Betracht zu ziehen.
Besteht der Kinderwunsch weiterhin, kann das Paar sich durch einen Fachmediziner, beispielsweise in einem Kinderwunschzentrum eingehend zu den Möglichkeiten beraten lassen.
Wurden nach allen Untersuchungen keine körperlichen Ursachen für die Infertilität festgestellt, können psychische Faktoren durch Entspannungs- oder Gesprächstherapien bearbeitet werden.
Mit einer Hormontherapie können sowohl hormonelle Störungen bei der Frau wie auch beim Mann behandelt werden, womit im besten Fall die Fruchtbarkeit wiederhergestellt wird. Verklebte Samenkanäle oder Eileiter können beispielsweise auch operativ behoben werden.
Große Bedeutung haben die modernen Möglichkeiten der künstliche Befruchtung. Dafür stehen verschiedene Verfahren zur Auswahl.
Verfahren | So funktioniert es | Wird angewendet bei… |
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Homologe Insemination
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Bei einem operativen Eingriff werden die Spermien des Mannes direkt in den Gebärmutterhals, die Gebärmutter oder die Eileiter gespritzt. | Unbewegliche Spermien, verminderte Samenqualität |
Heterogene Insemination
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Es wird der Samen eines zeugungsfähigen Mannes in Gebärmutterhals, Gebärmutter oder Eileiter gespritzt, womit der Partner nicht der Erzeuger sein wird. | Fehlende Zeugungskraft des Mannes |
Gamete Intrafallopian Transfer (GIFT)
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Die Eizellreifung wird durch eine Hormontherapie angeregt. Anschließend werden der Frau Eizellen entnommen, um diese anschließend mit dem gewonnenen Samen des Mannes in die Eileiter zu spülen. Die Befruchtung findet schließlich im Körper statt. | Funktionelle Störungen der Spermienproduktion, ethische Bedenken bei anderen Varianten der künstlichen Befruchtung, bei denen die Befruchtung außerhalb des Körpers stattfindet |
In-Vitro-Fertilisation (IVF)
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Es werden der Frau Eizellen entnommen und außerhalb des Körpers mit den Samen des Mannes befruchtet. Die Befruchtung erfolgt natürlich, d.h. das Spermium wird nicht direkt in die Eizelle gespritzt. Die befruchteten Eizellen werden der Frau nach wenigen Tagen wieder eingepflanzt. | Funktionelle Störungen in den Eileitern |
Intra-Cytoplastische-Spermien-Injektion (ICSI)
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Hier werden der Frau Eizellen entnommen, die mit einer Samenzelle befruchtet werden. Das geschieht, indem die Samenzelle direkt in das Zytoplasma einer bestimmten Eizelle gespritzt wird. Anschließend wird der Frau die befruchtete Eizelle eingepflanzt. | Samenzellen sind nicht beweglich genug oder es sind zu wenige vorhanden |
In-Vitro-Maturation (IVM)
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Bei dieser Methode werden der Frau unreife Eizellen entnommen, um sie anschließend mit den Hormonen FSH und HCG reifen zu lassen. Das erspart der Frau die übliche Hormontherapie, die zu anderen Methoden der künstlichen Befruchtung gehört. Anschließend wird die Eizelle mit einer Samenzelle befruchtet und der Frau wieder eingepflanzt. |
polyzystische Ovarien, Chemotherapien bei Krebserkrankungen, die eine erfolgreiche Hormontherapie erschweren |
Am erfolgversprechendsten sind die Methoden ICSI und IVF, bei der von einer Erfolgsquote von 40 Prozent ausgegangen wird. Hierfür werden im Durchschnitt drei Durchgänge benötigt. Die Erfolgsquoten der weiteren Methoden liegen zwischen 5 und 20 Prozent, wobei jedoch immer die individuelle Ausgangssituation des Paares (Alter, Erkrankungen, psychische Belastung) betrachtet werden müssen.
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