Frühkindliche Reflexe im Überblick: Wie erkenne ich sie und wofür sind sie da?

   
von Ralf-Ingo S. - letzte Aktualisierung:
frühkindliche Reflexe
Warum haben Kinder sog. frühkindliche Reflexe?

Frühkindliche Reflexe sichern Babys das Überleben. Dazu zählt etwa auch der Saug-Schluck-Reflex, der bei Babys angeboren ist.

Welche Frühkindlichen Reflexe gibt es?

Eine Überschicht und Erklärung zu allen frühkindlichen Reflexen finden Sie hier.

Was kann ich tun, wenn mein Kind Probleme mit manchen Reflexen hat?

Sollten Sie Probleme feststellen, konsultieren Sie einen Kinderarzt.

Jedes Baby verfügt über frühkindliche Reflexe, wenn es das Licht der Welt erblickt. Auch wenn willkürliche Bewegungen noch schwierig sind, dienen diese frühkindlichen Reflexe dem Überleben. Aktives Zugreifen ist nicht möglich, aber dennoch finden Babys die Brust der Mutter relativ schnell und beginnen zu saugen und zu schlucken.

In unserem Artikel gehen wir auf die verschiedenen frühkindlichen Reflexe ein, erklären wozu diese dienen und wann sie wieder verschwinden sollten.

1. Frühkindliche Reflexe dienen dem Selbstschutz

Mutter stillt ihr Baby

Der Saug- und Schluck sowie der Suchreflex sind überlebenswichtig.

Mediziner bezeichnen jedes kindliche Verhalten, welches sich durch einen äußeren Reiz hervorrufen lässt, als frühkindlichen Reflex. Die primitiven Reflexe sind teils der ständigen Anpassung im Mutterleib geschuldet, andere, wie der Saug-Schluck-Reflex, sichern das Überleben.

Allen frühkindlichen Reflexen ist dabei gemein, dass das Großhirn nicht beteiligt ist. In zunehmendem Alter müssen Neugeborene diese Reflexe allmählich abbauen, damit sich eine natürliche Bewegung entwickeln kann.

Ärzte testen bereits unmittelbar nach der Geburt die frühkindlichen Reflexe. Die wichtigsten weiteren Reflexe werden stets in den U-Untersuchungen durch den jeweiligen Kinderarzt abgeklärt.

Achtung: Frühchen weisen ein anderes Entwicklungsmuster auf, sodass es länger dauern kann, bis gewisse primitive Reflexe auftreten bzw. wieder verschwinden.

2. Übersicht über die wichtigsten frühkindlichen Reflexe

Anhand der frühkindlichen Reflexe lässt sich erkennen, ob möglicherweise neurologische Defizite bestehen oder die Entwicklung in normalen Bahnen verläuft.
Gleiches gilt, wenn die Reflexe persistierend sind, also länger als üblich andauern. In diesem Fall können spezielle Übungen dabei helfen, diese gezielt abzubauen.

In den folgenden Absätzen stellen wir Ihnen die verschiedenen primitiven Reflexe vor, die schon kurz nach der Geburt bei Babys zu beobachten sind.

2.1. Der Greifreflex

Das auch als Klammerreflex bezeichnete Verhalten, dass Babys mit den Händen und den Füßen automatisch zugreifen, ist etwa bis zum dritten Lebensmonat zu beobachten.

Der Hintergrund ist denkbar einfach. Kinder möchten getragen werden und klammern sich daher stets fest, sobald die Gelegenheit besteht. Dies dient sowohl dem evolutionären Bedürfnis nach Schutz in der Nähe der Mutter als auch dem Wunsch nach Nähe allgemein.

2.2. Nicht erschrecken beim Moro-Reflex

Der Moro-Reflex ist häufig bei schnellen Bewegungen zu beobachten, die das Baby aus dem Gleichgewicht bringen. Auch andere unerwartete äußere Reize, wie plötzliche Dunkelheit oder das Eintauchen ins Wasser lösen den primitiven Reflex aus.
Die Arme und Beine werden in einer plötzlichen Reaktion nach hinten gestreckt. Zusätzlich öffnen Kinder den Mund, sodass es wirkt, als hätte sich ein Kind erschreckt.

Tatsächlich möchten sich Kinder so vor dem Herunterfallen schützen. Die Atemfrequenz beschleunigt sich, der Blutdruck steigt und es kommt öfter sogar zu kleineren Wutausbrüchen.

Im Schnitt verschwindet der Moro-Reflex zwischen dem 2. sowie dem 4. Lebensmonat. Besteht der frühkindliche Reflex darüber hinaus, besteht die Gefahr, dass Kinder sehr ängstlich werden oder aber überempfindlich gegenüber Reizen reagieren.

Tipp: Im Rahmen einer Therapie lernen Kinder schrittweise, wie Sie diesen und mögliche weitere Reflexe abbauen können.
Je länger die frühkindlichen Reflexe persistierend sind, desto problematischer werden die Auswirkungen.

2.3. Der asymmetrisch-tonische Nackenreflex

Dieser Reflex, auch ATNR genannt, tritt bei Kindern bis zu einem halben Jahr auf. Sobald Sie den Kopf des Kindes aktiv zur rechten Seite drehen, versucht das Baby, das linke Bein sowie den linken Arm anzuziehen. Gleichzeitig erfolgt eine Streckung des rechten Beins sowie des rechten Beins.

Wie genau der ATNR funktioniert, sehen Sie noch einmal in diesem kurzen YouTube-Video:

Verschwindet der Reflex nicht, ist eine Behandlung erforderlich, da es Kindern ansonsten sehr schwerfällt, zu krabbeln bzw. zu laufen.

2.4. Der Tonische-Labyrinth-Reflex

nacktes Baby auf den Armen der Eltern

Neigt sich der Kopf nach vorne, folgt der Körper.

Bei diesem frühkindlichen Reflex kommt es bei einer Vorwärtsneigung des Kopfes automatisch zu einer Krümmung des gesamten Körpers.
Umgekehrt verhält es sich, wenn der Kopf in den Nacken gelegt wird. Es erfolgt eine Streckung des Körpers nach hinten.

Bleibt der Tonische-Labyrinth-Reflex über den 3. Lebensmonat hinaus bestehen, gibt es oft Probleme in dem Bereich des Gleichgewichts. Eine schlechte Balance sowie eine zu hohe Muskelspannung führen oftmals dazu, dass Kinder sich nur sehr wenig bewegen, was die Problematik zusätzlich verschärft.

Training sowie Übungen im Bereich der Osteopathie können helfen, die frühkindlichen Reflexe zu integrieren.

2.5. Frühzeitiger Wunsch zu gehen – der Schreitreflex

Packen Sie ein Kind an der Hand oder unter den Armen, sodass die Füße den Boden berühren können, versucht es automatisch, zu schreiten. Diese Reaktion ist jedoch kein Zeichen frühen Gehens, sondern erlischt nach etwa 3 Monaten.

2.6. Unter Wasser nicht atmen – der Atemschutzreflex

Dieser frühkindliche Reflex sorgt dafür, dass Babys beim Eintauchen ins Wasser kein Wasser in die Lunge bekommen. Ganz automatisch setzt der Atemreflex aus, die Atemwege verschließen sich. Bestimmte Übungen, wie zum Beispiel das Babyschwimmen, sind daher lediglich in den ersten 6 Monaten sinnvoll.

Verschwindet der Atemschutzreflex, müssen Kinder lernen, selbst darauf zu achten, dass kein Wasser verschluckt wird und in die Atemwege gelangt.

3. Tipps zum Umgang mit der Übersicht

Baby wird massiert

Mit gezielten Übungen lässt sich viel erreichen.

Nutzen Sie diese Übersicht, um sich ein eigenes Bild von dem Entwicklungsstand Ihres Kindes zu machen. Sobald Sie jedoch feststellen sollten, dass es an der einen oder anderen Stelle Probleme im Bereich der frühkindlichen Reflexe gibt, konsultieren Sie einen Kinderarzt.

Früher wurde angenommen, dass zu lange anhaltende primitive Reflexe lediglich auf Schädigung des Gehirns hinweisen. Inzwischen ist die Wissenschaft jedoch einen Schritt weiter. Neben dauerhaften Beeinträchtigungen gibt es auch motorische Defizite, die sich lösen lassen und erst bei einer Nichtbehandlung zu Entwicklungsproblemen in vielen verschiedenen Bereichen führen können.

Zögern Sie daher nicht, sich gegebenenfalls Hilfe zu suchen. Qualifizierte Therapeuten finden Sie beispielsweise über die Suche der Deutschen Gesellschaft für neurophysiologische Entwicklung e.V.

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