Eingewöhnungsmodelle: So gelingt der Übergang in die Kita

   
von Christiane S. - letzte Aktualisierung:
Kleinkinder spielen am Tisch
Wo werden Eingewöhnungsmodelle angewendet?

Eingewöhnungsmodelle wie das Münchener oder Berliner Modell wurden vornehmlich für Kinder unter drei Jahren zum Eingewöhnen in der Krippe konzipiert.

Worin liegt der Unterschied zwischen den Münchener und dem Berliner Modell?

Das Münchener und das Berliner Modell unterscheiden sich in Dauer und Herangehensweise. Die Eingewöhnung dauert je nach Modell zwischen zwei und vier Wochen.

Wie lange dauert die Eingewöhnung?

Sobald das Kind sich in der Kita sicher fühlt und die Erzieher als Ansprechpartner akzeptiert, ist die Eingewöhnung beendet.

Heute geht ein Großteil der Kinder zwischen ein und sechs Jahren in die Krippe oder die Kita. Dabei ist der Übergang von der liebevollen Betreuung durch die Eltern hin zu einer Betreuung in einer Einrichtung ein enormer Schritt für Ihr Kind und für Sie selbst. Um möglichst gut im Kita-Alltag anzukommen, gibt es verschiedene Eingewöhnungsmodelle, die wir Ihnen hier mit ihren Vorteilen und Nachteilen vorstellen möchten.



1. Definition und Ziele der Eingewöhnung in der Kita

Mit einer umfangreichen Eingewöhnung soll Kindern der Übergang von der elternbezogenen Betreuung zur Fremdbetreuung in die Kinderkrippe erleichtert werden. Alle Eingewöhnungsmodelle hben  deshalb zum Ziel, das Kind innerhalb von einigen Tagen oder wenigen Wochen in der Kitagruppe aufzunehmen und ihm ein sicheres Gefühl zu geben.
 
Es gibt in Deutschland zwei Eingewöhnungsmodelle, die hauptsächlich Anwendung finden, das Berliner und das Münchener Eingewöhnungsmodell. Beide Ansätze wenden sich grundsätzlich an Kinder unter drei Jahren, sie werden aber auch nach individuellen Bedürfnissen angewandelt.

Übrigens: Viele Studien belegen, dass eingewöhnte Kinder weniger krank sind als nicht oder nur teilweise eingewöhnte Kinder. Zudem zeigen sich seltener Entwicklungsrückstände oder eine schlecht ausgeprägte Bindung.

2. Berliner Eingewöhnungsmodell

Das Berliner Eingewöhnungsmodell erfreut sich großer Beliebtheit, denn mit seinen vier Phasen ist es klar umrissen, ohne an Flexibilität einzubüßen. Bei der Eingewöhnung spielen die Reaktionen und Bedürfnisse des Kindes eine große Rolle.
 
Voraussetzungen für das Durchführen des Berliner Modells:
  • In einem Vorabgespräch besprechen Sie mit der/dem verantwortlichen ErzieherIn, wie die Eingewöhnung ablaufen wird. Sie erzählen von Ihrem Kind, was es gern spielt oder isst, damit sich der Erzieher ein Bild von der kleinen Persönlichkeit machen kann.
  • Die Eingewöhnung findet nicht in Phasen statt, die von den normalen Abläufen in der Kita abweichen, z.B. Fasching, Weihnachten oder andere Feiertage.

2.1.  Grundphase

Kind aus Krippe krabbelt bei Eingewöhnung umher

Kinder können sich in einer ersten Schnupperphase mit der neuen Umgebung vetraut machen.

Zum Start besuchen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind den Kindergarten und bleiben für etwa ein bis zwei Stunden dort. Das Kind lernt in dieser Phase den Raum der jeweiligen Gruppe kennen und kann, wenn es möchte, an den verschiedenen Aktivitäten teilnehmen.
 
Die Eingewöhnung findet in der Regel morgens statt, sodass Ihr Kind die morgendlichen Ritualen wie etwa den gemeinsamen Morgenkreis oder ein Obstfrühstück, kennenlernt.
 
Sie versuchen sich im Hintergrund zu halten. Sucht Ihr Kind den Kontakt zu Ihnen und möchte das Geschehen von Ihrem Schoß aus verfolgen, ist das auch in Ordnung. Die Erzieher, vor allem die zukünftige Bezugsperson, versucht bereits in dieser Phase, zu Ihrem Kind aktiv den Kontakt aufzubauen, in dem es Ihr Kind direkt anspricht und fragt, ob es bei einem Spiel mitmachen möchte.
 
Als Elternteil verhalten Sie sich ruhig und sollten nicht in die Aktivitäten miteingebunden werden, sondern nur beobachten. Gemeinsam mit der Bezugsperson gehen Sie in dieser Phase typische Tätigkeiten wie Windeln sowie An- und ausziehen durch.
So versteht Ihr Kind, dass Sie es für in Ordnung halten, dass der Pädagoge bei solchen Handlungen dabei ist und sie dann auch selbst durchführen kann. Diese erste Kennenlernphase dauert im Berliner Eingewöhnungsmodell zwischen drei und vier Tagen.
 

Tipp: Die Erzieher werden Sie fragen, ob Ihr Kind ein besonders geliebtes Kuscheltier oder ein Schnuffeltuch hat. Dieses wird als sogenanntes Übergangsobjekt genutzt, das Ihrem Kind in dieser stressigen und emotionalen Phase Sicherheit schenkt.

2.2. Der erste Trennungsversuch

Fremde-Situation-Test

Das entwicklungspsychologische Experiment der Psychologin Mary Ainsworth soll zeigen, ob ein Kind eine sichere oder unsichere Beziehung zur Mutter hat. Dazu verlässt die Mutter kurz das Zimmer, worauf die Reaktion des Kindes analysiert wird. Dieser Test wird in abgewandelter Form im Berliner Modell genutzt.

Wenn an einem Montag mit der Eingewöhnung begonnen wurde, könnte Donnerstag der erste Trennungsversuch gestartet werden. Dazu bringen Sie Ihr Kind morgens in die Kita und verabschieden sich von ihm. Das ist auch für Sie ein großer Schritt, denn auch wenn Ihr Kind sofort weint oder schreit, sollten Sie bei Ihrer Entscheidung bleiben und den Raum verlassen. Diese erste Trennung dauert zumeist eine halbe Stunde, die sie in einem Nebenraum verbringen. Danach holen Sie Ihr Kind ab.

In dieser Phase entscheidet sich mit der Reaktion des Kindes, wie lang die restliche Eingewöhnungsphase sein wird. Wenn ein Kind weint, sich dann aber in kurzer Zeit von der pädagogischen Bezugsperson beruhigen lässt, ist das ein gutes Zeichen. Dann wird die Eingewöhnung wahrscheinlich nur noch wenige Tage andauern.

Einige Kinder lassen sich jedoch nicht beruhigen und reagieren auf diesen Trennungsversuch sehr sensibel. Hier braucht es eine längere Eingewöhnungsphase, um dem Kind die notwendige Sicherheit zu geben. Laut Berliner Modell beruht dieses entscheidende Verhalten des Kindes darauf, ob es sicher oder unsicher gebunden ist. Damit Ihr Kind die notwendige Sicherheit hat, sollten Sie selbst nicht durch Weinen oder ein entschuldigendes Verhalten signalisieren, dass Sie diese Trennung nicht möchten.

2.3. Stabilisierungsphase

Kinder sitzen im morgenkreis

Bald hat sich Ihr Kind vollständig in den Kita-Alltag eingefunden.

In der dritten Phase sind Sie höchstens noch als begleitende Person anwesend. Die Bezugsperson übernimmt nun das Betreuen Ihres Kindes, schaut mit ihm ein Buch an und animiert es zum gemeinsamen Spiel. Sie übernimmt auch das Wickeln und Anziehen Ihres Kindes.
 
In den kommenden Tagen wird der Zeitraum allmählich erweitert, bis Sie Ihr Kind nur noch in den Kindergarten bringen und zu der verabredeten Zeit abholen. Hat Ihr Kind Probleme mit der Trennung, dann wird bis zur nächsten Woche gewartet, um den Trennungsversuch noch einmal zu wiederholen.

2.4. Schlussphase

In der letzten Phase des Berliner Eingewöhnungsmodells verbleibt Ihr Kind über mehrere Stunden in der Kita, es sollte einen guten Kontakt zu den anderen Kindern und den Erziehern haben. Es ist noch über einen längeren Zeitraum normal, wenn das Kind die morgendliche Trennung beweint. Es lässt sich jedoch von den Erziehern schnell beruhigen.
 

3. Münchener Eingewöhnungsmodell

Auch das Münchener Eingewöhnungsmodell sieht eine behutsame Eingewöhnung vor. An dieser Stelle unterscheiden sich jedoch die Eingewöhnungsmodelle, denn das Münchener Modell legt den Schwerpunkt auf den Prozess der Transition, d.h. des Überganges von der Betreuung durch die Eltern hin zur Fremdbetreuung. Sowohl Sie als Elternteil wie auch Ihr Kind wird während der Eingewöhnung von den Erziehern durch diesen Prozess begleitet.

3.1. Vorbereitungsphase

In der Vorbereitungsphase des Münchener Eingewöhnungsmodells besteht ein intensiver Austausch zwischen Ihrer Familie und dem Bezugserzieher. Es gibt Gespräche über die Satzung und pädagogische Konzeption der jeweiligen Kita sowie über das Kind und seine individuellen Bedürfnisse.

3.2. Kennenlernphase

Kinder spielen zusammen auf dem Boden, Eine Mutter hält ein Kind im arm

Das Münchener Eingewöhnungsmodell sieht es vor, dass die Mutter längere Zeit gemeinsam mit dem Kind in der Kita verbringt.

In der ersten Woche lernen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind die Kita kennen. Dabei gehen Sie genauso auf Entdeckungsreise wie Ihr Kind, Sie können in alle Bereiche hineinschnuppern und erste Erfahrungen machen.
 
Im Münchener Eingewöhnungsmodell geht man davon aus, dass Kinder verschiedenste Abläufe wie Morgenkreis, Mittagessen, Ruhezeiten und Vesper wiederholt beobachten müssen, um diese zu verstehen.
Deshalb ist es wichtig, dass Sie mit Ihrem Kind bereits in der ersten Woche für mehrere Stunden am Alltag in der Kita teilnehmen. Sie sind dabei unverzichtbar, denn Sie geben Ihrem Kind die notwendige Sicherheit, damit es in Ruhe die neue Situation einschätzen und bewältigen kann. In der Kennenlernphase bekommt Ihr Kind auch einen Eindruck davon wie Kinder in der jeweiligen Kita behandelt werden und welche Rolle die Erzieher spielen.

3.3. Sicherheitsphase

In der zweiten Woche verbringen Sie noch immer mehrere Stunden am Tag gemeinsam mit Ihrem Kind in der Kita, es gibt keine Trennung. Ihr Kind kennt nun die sich wiederholenden Abläufe in der Einrichtung und kann sich nun noch intensiver dem Kennenlernen und Spiel mit den anderen Kindern widmen. Als Elternteil ziehen Sie sich in dieser zweiten Woche etwas zurück. Der Bezugserzieher übernimmt erste Aufgaben wie das Wickeln und das An- und Ausziehen.
 
Das Münchener Modell basiert auf der Idee, dass die Eingewöhnung stark von der Interaktion mit den anderen Kindern geprägt ist. Zum einen versteht Ihr Kind anhand der Handlungen von anderen Kindern und der Zusammenarbeit mit den Pädagogen, wie das System Kita funktioniert, zum anderen nehmen die Kinder den „Neuling“ in die Gruppe auf, was ihm Sicherheit gibt.

3.4. Vertrauensphase

Mutter begrüßt Kind in Kita

Hat ein Kind Vertrauen in die Kita und Erzieher, lässt es sich problemlos hinbringen und abholen.

In der Vertrauenphase erfolgt die erste Trennung. Nun weiß Ihr Kind, dass es in der Kita gut aufgehoben ist und dass es dort Ansprechpartner hat, die ihm in schwierigen Situationen helfen oder es trösten. Auch Sie als Elternteil haben nun ein gutes Gefühl, wenn Sie Ihr Kind in der Kita abgeben.
 
Beim ersten Versuch verabschieden Sie sich für 30 bis 60 Minuten. Der Versuch wird auch nicht abgebrochen, wenn Ihr Kind sich nicht beruhigt. So soll es die Möglichkeit erhalten, den Trennungsschmerz zu verarbeiten.
Hat die Trennung geklappt, Ihr Kind sich nach wenigen Minuten also wieder beruhigt und mit anderen Kindern gespielt, wird die Trennungszeit in den nächsten Tagen ausgedehnt.

3.5. Reflexionsphase

Während der kompletten Eingewöhnungszeit gibt es immer wieder Gespräche zwischen Eltern und den Erziehern, in denen der aktuelle Stand der Eingewöhnung besprochen wird und auch Sie als Elternteil Tipps zum Umgang mit Ihrem Kind erhalten, um den Transitionsprozess positiv zu gestalten.
 
Gilt die Eingewöhnung als abgeschlossen, gibt es eine abschließende Auswertung, die der Grundstein für die weitere Zusammenarbeit legen soll. Die Dauer der Eingewöhnung nach dem Münchener Modell kann je nach Situation bis zu vier oder fünf Wochen betragen.

4. Das sollten Eltern vor der Eingewöhnung beachten

Wenn Sie gern möchten, dass Ihr Kind nach dem Münchener bzw. Berliner Modell eingewöhnt wird, dann informieren Sie sich vor dem Vertragsabschluss mit der Kita, welches der beiden Eingewöhnungsmodelle sie nutzen.
Achten Sie beim Start in die Eingewöhnung darauf, dass Sie in den kommenden Wochen keinen Urlaub oder ähnliches geplant haben, der das Eingewöhnen negativ beeinflussen könnte. Bestehen Sie darauf, dass mit Ihrem Kind maximal ein weiteres Kind gleichzeitig eingewöhnt wird, damit die Erzieher ausreichend Zeit und Aufmerksamkeit für Ihr Kind haben.
 
In dieser Tabelle stellen wir Ihnen die wichtigen Vorteile und Nachteile der Eingewöhnungsmodelle vor:
 
  Vorteile Nachteile
Berliner Eingewöhnungsmodell
  • Das Konzept gilt als eines der ältesten und erprobtesten Eingewöhnungsmodelle, weshalb es als sehr zuverlässig beurteilt wird.
  • Eltern haben durch die klaren Phasen einen guten Überblick.
  • Eine wichtige Kritik an dem Berliner Eingewöhnungsmodell ist, dass es nur schwer für Kinder funktioniert, die nur an zwei Tagen – also in Teilzeit – die Kita besuchen sollen. Die Eingewöhnungszeit muss hier wesentlich länger angesetzt werden.
Münchener Eingewöhnungsmodell
  • Das Konzept bezieht die Kinder und Eltern aktiv in die Eingewöhnung mit ein.
  • Es gibt regelmäßige Elterngespräche, in denen Sie Feedback zum Stand der Eingewöhnung erhalten.
  • Das Münchener Eingewöhnungsmodell sieht eine lange und intensive Eingewöhnung vor, die arbeitstätige Eltern vor zeitliche Probleme stellen kann.
 
 

5. Optionen wenn die Eingewöhnung nicht klappt

Kind weint und schreit bei eingewöhnung

Egal bei welchem der Eingewöhnungsmodelle: Manchmal will es einfach nicht klappen.

Die Eingewöhnung gilt erst dann als abgeschlossen, wenn Ihr Kind sich gut in die Gruppe integriert hat und sich von Erziehern beruhigen lässt. Wenn es im normalen Zeitraum von drei bis vier Wochen nicht mit der Eingewöhnung klappt, kann der Zeitraum verlängert werden. Manche Kinder benötigen etwas mehr Zeit, um sich an die neue Situation zu gewöhnen.
 
Klappt es mit der Eingewöhnung gar nicht und kommt Ihr Kind nicht zurecht, gehen Sie mit den Erziehern in ein offenes Gespräch. Vielleicht befindet sich Ihr Kind aktuell in der „Fremdel“- Phase, was die Fremdbetreuung schwieriger macht, vielleicht ist es auch noch nicht so weit. Dann kann ein weiterer Versuch, einige Monate später sinnvoll sein.
 
Tipp: Kinder, die mit der Gruppengröße in öffentlichen Kindergärten überfordert sind, können auch von einer Tagesmutter betreut werden. Hier ist die Atmosphäre etwas intimer und durch die kleineren Gruppen etwas reizarmer.

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