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Innerhalb des ersten Drittels der Schwangerschaft wird das ungeborene Kind von der sogenannten extrafetalen Gewebeschicht ummantelt. Dieses Gewebe gehört zwar nicht direkt zum Embryo, ist diesem genetisch aber völlig identisch und daher sehr gut für diagnostische Zwecke geeignet.
In dem Bereich, wo die Nabelschnur ansetzt, befindet sich eine deutliche Verdickung des extrafetalen Gewebes. Dieser Bereich wird auch als Chorion frondosum bezeichnet. Dort befinden sich längliche Strukturen, ähnlich wie kleine Äste, die als Chorionzotten bezeichnet werden.
Etwa ab der 12. Schwangerschaftswoche können diese über eine Ultraschalluntersuchung sichtbar gemacht werden. Dadurch lassen sich ohne hohes Risiko für die werdende Mutter und das ungeborene Kind Gewebeproben von den Chorionzotten entnehmen.
Um ein Karyogramm anzufertigen (bildliche Darstellung des Chromosomensatzes) benötigt man lediglich 20mg des Chorionzottengewebes.
Die Chorionzottenbiopsie ist ein Teil der Pränataldiagnostik (Diagnostik in der Schwangerschaft). Dabei wird Gewebe aus den Zotten der Gebärmutter entnommen.
Da sich die Gebärmutter ursprünglich ebenfalls aus einer Eizelle entwickelt hat, genauso wie das ungeborene Kind, liegt hier das gleiche Erbgut vor, sodass dieses zu diagnostischen Zwecken verwendet werden kann.
So ist ein frühzeitiger Nachweis von Anomalien der Chromosomen sowie von Stoffwechselstörungen möglich. Ein besonderer Vorteil der Chorionzottenbiopsie ist, dass diese deutlich früher als die Fruchtwasseruntersuchung zum Einsatz kommen kann, welche ebenfalls zur Diagnostik von Gendefekten eingesetzt wird.
Nach der Gewebeentnahme wird der Chromosomensatz des ungeborenen Kindes untersucht. Neben dem Geschlecht des Kindes können dabei verschiedene chromosomale Anomalien und Stoffwechselstörungen festgestellt werden, wie zum Beispiel:
In den meisten Fällen wir die Chorionzottenbiopsie eingesetzt, wenn:
Wenn die Untersuchung auf Wunsch der Eltern durchgeführt wird, zum Beispiel weil eine vermehrte Angst vor Missbildungen vorliegt, sollte zuvor eine gründliche Abwägung der Risiken und des potentiellen Nutzens der Chorionzottenbiopsie stattfinden.
In der Vergangenheit wurde die Chorionzottenbiopsie aufgrund von früheren Erfahrungen allen Frauen über 35 Jahren angeboten, da dass Risiko, ein Kind mit Trisomie 21 auf die Welt zu bringen, ab diesem Alter höher ist, als das statistische Risiko der Untersuchungsmethode.
Wann die Chorionzottenbiopsie zum Einsatz kommt, unterliegt heutzutage einer sehr individuellen Auslegung.
Für den Ablauf einer Chorionzottenbiopsie gibt es in der Schwangerschaft grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
1. Die erste Möglichkeit bietet eine dünne Hohlnadel, welche über den Bauch der schwangeren Frau eingeführt wird.
2. Bei der zweiten Methode wird eine Biopsiezange (spezieller Katheter) über die Scheide und den Muttermund in die Plazenta eingeführt. Hierbei besteht allerdings ein höheres Risiko, dass es zu einer Fehlgeburt kommt, weshalb diese Methode deutlich seltener zum Einsatz kommt.
Um die Schmerzen für die werdende Mutter so gering wie möglich zu halten, kann für diese Untersuchungsmethode eine lokale Betäubung eingesetzt werden.
Um das Risiko für das ungeborene Kind so gering wie möglich zu halten, wird parallel zu der Chorionzottenbiopsie eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt, durch die der gesamte Eingriff überwacht werden kann.
Die Durchführung einer Chorionzottenbiopsie kann Verletzungen der Gefäße mit Einblutungen in das umliegende Gewebe verursachen, wobei es im schlimmsten Fall auch zu Infektionen kommen kann.
Darüber hinaus kann es zu Fehlbildungen der Extremitäten des ungeborenen Kindes sowie einer Fehlgeburt (Spontanabort) kommen.
Tipp: Die Risiken der Chorionzottenbiopsie klingen natürlich sehr dramatisch. Allerdings Verlaufen die allermeisten Untersuchungen ohne Komplikationen, sodass es nur sehr selten zum Auftreten der besagten Risiken kommt. Nur eine von 100 Chorionzottenbiopsien endet in einem Spontanabort – das Risiko beträgt also lediglich 1%.
Anders als bei der Fruchtwasseruntersuchung, müssen die Zellen nicht erst im Labor gezüchtet werden. Schließlich enthält die Gewebeprobe der Chorionzotten bereits das vollständige Erbgut des ungeborenen Kindes und kann somit direkt untersucht werden.
Bis die genaue Struktur der Chromosomen vorliegt, vergehen dennoch zwischen zwei bis drei Wochen. Ein vorläufiges Ergebnis können Sie allerdings schon nach zwei bis acht Tagen erwarten.
Die Chorionzottenbiopsie liefert zu etwa 98% sichere Ergebnisse. Die Zellen der Chorionzotten weichen nur in etwa 2% der Fälle von den genetischen Merkmalen des Kindes ab, was zu falschen diagnostischen Ergebnissen führen könnte.
Werden Störungen des Chromosomensatzes festgestellt, folgen anschließend weitere Untersuchungen, um die Richtigkeit der Ergebnisse zu bestätigen oder zu widerlegen.
In seltenen Fällen weisen einige Zellen der Gewebeentnahme Störungen auf und andere nicht. In diesem Fall kann eine Fruchtwasseruntersuchung Aufschluss über einen möglicherweise vorliegenden Gendefekt geben.
Nähere Informationen zur Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) finden Sie hier.
Die Chorionzottenbiopsie sowie die Fruchtwasseruntersuchung sind kein fester Bestandteil der Vorsorge in der Schwangerschaft. Daher werden die Kosten nur in besonderen Fällen von den Krankenkassen übernommen.
Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Schwangerschaft als risikoreich gilt, zum Beispiel wenn in einer früheren Schwangerschaft bereits Komplikationen aufgetreten sind oder die werdende Mutter bereits ein Kind mit Gendefekt zur Welt gebracht hat.
Unter dem Strich bedeutet dass, Sie bekommen die Kosten für die Untersuchung nur erstattet, wenn der behandelnde Arzt eine medizinische Notwendigkeit für die Durchführung einer Chorionzottenbiopsie sieht.
Ist dies nicht der Fall, müssen Sie die Kosten für die Untersuchungen, welche sich auf 45-100€ belaufen, selber tragen.
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