Berliner Modell: Vor- und Nachteile des Eingewöhnungsmodells für Kita und Krippe

   
von Dana S. - letzte Aktualisierung:
berliner modell
Was ist das Berliner Modell?

Das Berliner Modell beruht auf einer bedürfnisorientierten Eingewöhnung in die Kita. Diese sollte behutsam und schrittweise erfolgen.

Wie lange dauert die Eingewöhnungsphase?

Während die Eingewöhnung bei manchen Kindern nur sechs Tage dauert, benötigen andere Kinder mehrere Wochen, um sich an die Trennung von ihren Eltern zu gewöhnen.

Was ist bei der Eingewöhnung nach dem Berliner Modell zu beachten?

Damit die Kita-Eingewöhnung reibungslos ablaufen kann, sollten bestimmte Grundvoraussetzungen erfüllt sein.

Der erste Tag im Kindergarten oder in der Krippe ist sowohl für die Eltern als auch für die Kinder etwas ganz Besonderes. Die meisten Kinder sind es bis dato nicht gewöhnt, längere Zeit von ihren Eltern getrennt und bei fremden Personen zu sein. Das Berliner Modell soll die Eingewöhnung in die Kita erleichtern. Aber wie funktioniert dieses Konzept?

In diesem Artikel möchten wir Ihnen gerne das Berliner Modell vorstellen. Wir erklären Ihnen das Konzept und schildern, wie die Eingewöhnung im Detail ablaufen sollte. Zuletzt zeigen wir Ihnen die wichtigsten Vor- und Nachteile des Konzepts auf.

1. Das Berliner Modell ist ein bedürfnisorientiertes Konzept

Berliner Modell nach Paul Heimann

Bei dem namensverwandten Berliner Modell nach Heimann, oder auch Berliner Schule der Didaktik, handelt es sich um ein didaktisches Konzept, welches in der Schule und bei der Unterrichtsplanung Anwendung findet. Es soll den Lehrenden dabei helfen, den eigenen Unterricht zu analysieren.

Das Berliner Modell wurde in den 1980er vom Institut für angewandte Sozialisationsforschung/frühe Kindheit e.V. (kurz: infas) entwickelt. Das Konzept baut auf der Bindungstheorie nach John Bowlby auf, die auf der Annahme beruht, dass eine enge Bindung zwischen Mutter und Kind die Grundbasis darstellt.

Ein Baby verbringt den ganzen Tag bei seinen Eltern, sodass diese die engsten und oftmals einzigen Bezugspersonen sind. Kinder im Alter von 0 bis 3 Jahren sind selten mehr als ein paar Stunden am Tag von einem Elternteil getrennt.

Laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes nutzen jedoch mittlerweile rund 85% der Eltern von Kindern unter drei Jahren die Betreuung in einer entsprechenden Einrichtung. Da die Kinder noch sehr klein sind, sollte die Eingewöhnung in die Kita besonders behutsam ablaufen.

Ziel des Modells ist es, dass sich das Kind in der Krippe oder im Kindergarten bestmöglich eingewöhnen kann, sodass die Trennung von den Eltern leichter ist. Wie lange es dauert, bis sich die Kinder eingewöhnt haben, kann nicht vorausgesagt werden. Während sich einige Kinder bereits nach sechs Tagen in der Einrichtung wohlfühlen, kann die Eingewöhnung bei anderen Kindern bis zu drei Wochen dauern.

Die Dauer der Eingewöhnung hängt maßgeblich davon ab, welche Bindungserfahrungen die Kinder bislang gemacht haben.

2. Die schrittweise Eingewöhnung in die Kita steht im Vordergrund

kleiner Junge weint im Kindergarten

Lässt sich das Kind in der ersten Trennungsphase nicht von den Erziehern beruhigen, sollte die Eingewöhnungszeit verlängert werden.

Den meisten Kindern fällt der Abschied von ihren Eltern am Anfang sehr schwer. Vielerorts bekommen Eltern den Tipp, dass ein schneller Abschied am einfachsten sei. Diese Ansicht teilen die Begründer des Berliner Modells jedoch nicht. Sie sind der Meinung, dass eine elternbegleitete Eingewöhnung am besten funktioniert.

So wird das Kind behutsam und schrittweise an die neue Umgebung und die bislang noch fremden Erzieher gewöhnt. Die Eingewöhnung wird dabei in folgende Phasen eingeteilt:

  • Grundphase: In den ersten drei Tagen begleitet ein Elternteil das Kind für etwa ein bis 2 Stunden in die Einrichtung. In dieser Zeit können der Erzieher bzw. die Erzieherin das Kind beobachten und den ersten Kontakt aufnehmen. Dies funktioniert am besten über das Spielen. Das Elternteil sollte wiederum darauf achten, nur mit dem eigenen Kind so spielen und ein Gefühl der Geborgenheit zu vermitteln.
  • Trennungsphase: Der vierte Tag beginnt wie die drei ersten Tage. Allerdings verlässt das Elternteil nach einiger Zeit kurz den Raum. Reagiert das Kind panisch, sollte das Elternteil bereits nach etwa 2 Minuten zurückkommen. Lässt sich das Kind jedoch von einem Erzieher beruhigen, sollte die erste Trennungsphase etwa 30 Minuten andauern. Wichtig ist, dass sich die Mutter oder der Vater nicht einfach herausschleicht, sondern sich von seinem Kind verabschiedet.
  • Stabilisierungsphase: In dieser Phase geht es vor allem darum, dass die Kinder lernen, eine Beziehung zu den Erziehern aufzubauen. Während sich das Elternteil immer mehr zurückzieht, übernehmen die Erzieher die Rolle der Bezugsperson. Die Trennungsphasen werden immer weiter verlängert. Verlief der erste Trennungsversuch jedoch nicht so gut, sollte mit dem neuen Trennungsversuch etwa eine Woche gewartet werden.
  • Schlussphase: Sobald die Kinder die Erzieher als neue Betreuungsperson angenommen haben, müssen die Eltern nicht mehr in der Einrichtung bleiben. Wichtig ist jedoch, dass sie jederzeit erreichbar bleiben.

Wie die Eingewöhnung nach dem Berliner Modell ablaufen sollte, sehen Sie auch noch einmal in folgendem Video:

3. Optimale Rahmenbedingungen schaffen

Eltern und Erzieher besprechen sich

Vor Beginn der Eingewöhnung sollten sich Eltern, Erzieher und die Kita-Leitung zusammensetzen und einen Plan erstellen.

Damit die Eingewöhnung funktionieren kann, sollten die Eltern vorab genauestens über den Ablauf informiert werden. In der Regel findet zu diesem Anlass ein Gespräch mit den Erziehern und der Kita-Leitung statt. Der Austausch ist jedoch nicht nur für die Eltern, sondern auch für die Erzieher wichtig, da sie sich in diesem Zuge bereits ein Bild von dem Kind machen können.

Damit die Eingewöhnung gut verläuft, sollten Eltern darauf achten, dass die Bezugsperson während der Eingewöhnungszeit nicht wechselt. Auch wenn beide Elternteile eine starke Bindung zu ihrem Kind haben, sollte nur ein Elternteil die Eingewöhnung begleiten. Gleiches gilt auch für die Bezugsperson in der Kita. Im besten Fall kümmert sich in der ersten Zeit nur ein Erzieher bzw. eine Erzieherin um das jeweilige Kind.

In verschiedenen Studien haben Wissenschaftler herausgefunden, dass die Eingewöhnungsphase sehr wichtig für den weiteren Verlauf der Kindergartenzeit ist.
Folgende Probleme können bei einer fehlenden bzw. missglückten Eingewöhnung auftreten:

  • Kinder fühlen sich in der Einrichtung nicht wohl
  • sie sind häufiger krank
  • zeigen Probleme bei der Nahrungsaufnahme und/oder Schlafstörungen

Tipp: Der erste Trennungsversuch sollte auf keinen Fall an einem Montag durchgeführt werden. Auch besondere Anlässe, wie Geburtstage oder Faschingsfeiern, sind für diese Phase nicht geeignet.

4. Das Berliner Eingewöhnungsmodell benötigt viel Zeit und Geduld

Auch wenn das Berliner Modell viele Vorteile mit sich bringt, gibt es auch immer wieder Kritik. Diese bezieht sich jedoch zumeist nicht auf das Konzept selbst, sondern auf die mangelhafte Umsetzung in den verschiedenen Einrichtungen.

Im Folgenden möchten wir Ihnen gerne die wichtigsten Vor- und Nachteile des Berliner Eingewöhnungsmodells vorstellen.

  • Eltern bekommen einen genauen Plan darüber, wie die Eingewöhnung abläuft
  • das Kind wir langsam und behutsam an die neue Situation gewöhnt
  • die Dauer der Eingewöhnung wird an jedes Kind individuell angepasst
  • die Eingewöhnung nach dem Berliner Modell ist mit viel Zeitaufwand verbunden
  • oftmals ist die Umsetzung in den Kitas unzureichend (fehlende Fachkräfte, schlechter Personalschlüssel usw.)
  • in einigen Einrichtungen sind die zeitlichen Vorgaben sehr starr

Tipp: Eine gute Alternative zu Kindergärten und Kitas ist die Kindertagespflege. Dort kümmert sich eine Tagesmutter bzw. ein Tagesvater um maximal fünf Kinder.

5. Ratgeber für die Kita Eingewöhnung kaufen

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Berliner Modell: Vor- und Nachteile des Eingewöhnungsmodells für Kita und Krippe
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Bildnachweise: anoushkatoronto/Adobe Stock, AYAimages/Adobe Stock, sashahaltam/Adobe Stock (nach Reihenfolge im Beitrag sortiert)

  1. Siona schreibt:

    Wir haben zwei Mal den Unsinn des Berliner Modells durchgemacht. Theoretisch kann es ja funktionieren, wenn die KindergartenbetreuerInnen auch ihren gesunden Menschenverstand einsetzen, aber bei uns war es einfach nur absurd. Wir durften einen bestimmten Raum nicht verlassen, obwohl die Tür offen war. Das Ergebnis: Kinder, die an Elternhänden ziehen und nicht verstehen, wieso diese die unsichtbare Linie nicht übertreten. Ich weiß nicht, ob dies wirklich im Sinne des Modells ist. Außerdem haben sich die KindergärtnerInnen nie wirklich um die Kinder bemüht und dies mit dem Argument, dass sich diese von selbst ablösen sollten. Das ist allerdings unnatürlich. Kinder binden sich auch über ihre Eltern und sie binden sich vor allem nicht an nichts oder an unbeteiligt dastehende Erwachsene, die darauf warten, dass ein Kind von sich aus auf sie zu geht. Wir hatten den Eindruck, dass das Berliner Modell von vielen Kindergärten als Ausrede genutzt wird, sich so wenig Arbeit wie möglich zu machen und ein bis zwei Monate schon Geld zu kassieren, während die Kinder täglich nur 30 Minuten mit Eltern dort sind. Die Umsetzung war bei keinem, den wir kannten, so wie sie sein sollte und hat so gut wie nie funktioniert. Bei einem Wechsel, wo es kein Berliner Modell mehr gab, nahm die Kindergärtnerin unser Kind einfach an der Hand und spielte mit ihm. Eingewöhnung nach zwei Tagen erfolgreich. Beim zweiten Kind war es ähnlich. Nach zwei Monaten Schwachsinn haben wir Kindergärten mit Berliner Modell gemieden. Am Personalschlüssel lag es jedenfalls nicht. Wenn 4 BetreuerInnen auf 16 Kinder nicht in der Lage sind auf ein Kind einzugehen und denken, dass es sich schrittweise an gähnende Langeweile zu gewöhnen hat, während in einem Landeskindergarten zwei Kindergärtnerinnen problemlos fast die doppelte Menge an Kindern eingewöhnen ohne große Dramen, fragt man sich doch, ob man sich mit manchen Modellen nicht das Leben unnötig schwer macht. Man könnte auch einfach auf seine Instinkte hören. Man merkt ja, ob sich ein Kind schwer tut oder nicht…

    Donnerstag, 27. Februar 2020, 14:15 Uhr

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