Bereitschaftspflege: Voraussetzungen, Ablauf, Dauer und Pflegegeld im Überblick

   
von Ralf-Ingo S. - letzte Aktualisierung:
haende halten symbol fuer familie
Welche Voraussetzungen gelten für die Bereitschaftspflege?

Die wichtigsten Voraussetzungen sind genügend Zeit und eine ausreichende finanzielle Absicherung. Darüber hinaus sollten Sie verantwortungsbewusst sein und bereits Erfahrungen mit Kindern gesammelt haben.

Erhalte ich Pflegegeld, wenn ich ein Kind vorübergehend bei mir aufnehme?

Ja, die Grundversorgung wird sichergestellt. Zudem erhalten Sie einen Bonus für die Erziehung des Kindes.

Kann aus der Bereitschaftspflege ein dauerhaftes Pflegeverhältnis entstehen?

Dies ist grundsätzlich nicht vorgesehen, allerdings möglich. Die Rechte von Pflegeeltern sind jedoch sehr begrenzt.

Die Bereitschaftspflege zählt in Deutschland wohl zu den anspruchsvollsten Aufgaben. Wer ein Pflegekind aufnehmen möchte, muss sich nicht nur immer wieder auf ein neues Kind einstellen, sondern auch mit meist kontroversen Entscheidungen von Behörden leben.

Genau dieser Aspekt macht es vielen potenziellen Pflegeeltern schwer, sich voll und ganz auf ein zeitweise innerhalb der Familie lebendes Kind einzulassen.

1. Bereitschaftspflege – mehr als nur auf eine vorübergehende Aufgabe

kind haelt die hand eines erwachsenen fest

Kinder brauchen Sicherheit.

Kinder in Not, die kurzfristig aus einer Familie genommen werden, landen oftmals vorübergehend in einem Kinderheim, weil es zu wenige Pflegeeltern gibt, die bereit sind, Kinder für eine kurze Zeit bei sich aufzunehmen.
Die Bereitschaftspflege setzt genau an diesem Punkt an.

Sind die notwendigen Voraussetzungen erfüllt, geht es meist sehr schnell. Pflegekinder können nicht mehr zu Hause bei den leiblichen Eltern leben und werden deshalb in eine Pflegefamilie übergeben. Dies ist meist der Fall, wenn das Kindeswohl akut gefährdet ist.

Den vorübergehenden Eltern bleibt nicht viel Zeit, sich auf die Ankunft des neuen Familienmitglieds vorzubereiten. Wer ein Pflegekind aufnehmen möchte, hat im Rahmen der Bereitschaftspflege häufig nur wenige Stunden Zeit, sich auf die Ankunft vorzubereiten. Die Bereitschaftspflege betrifft dabei nur Kinder unter 6 Jahren.

Aufgrund der Geschwindigkeit ist es allerdings möglich, dass Kinder nicht vorübergehend in einem Kinderheim landen und erst anschließend in die Obhut einer Pflegefamilie übergeben werden.
Da es das Ziel ist, Kindern weitere negative Erfahrungen sowie ein ständiges Herumreichen zu ersparen, liegt das zeitliche Problem bei den Pflegeeltern.
Es gilt also, in kürzester Zeit einen Schutzbereich für das Kind zu schaffen, in welchem es sich wohlfühlen kann.

Ideal ist es daher, wenn bei Paaren bzw. Familien ein Partner berufstätig ist und genügend Geld verdient, während der andere Partner sich um die Kindererziehung kümmern kann.

Viele Pflegeeltern, die ein Kind aufnehmen, machen dies nicht nur einmalig, sondern entscheiden sich immer wieder für diesen Schritt.
Trotz der Herausforderung, sich innerhalb kürzester Zeit auf einen neuen Menschen einstellen zu müssen, ist das Glück, einem Kind in Not helfen zu können, unbezahlbar.

Eine umfassende Reportage zur Bereitschaftspflege sehen Sie in diesem YouTube-Video:

2. Voraussetzungen für die Bereitschaftspflege

Flüchtlingskinder ohne Eltern:

Kommen Kinder ohne ihre Eltern nach Deutschland, sind sie auf Hilfe angewiesen. Immer mehr Menschen erklären sich daher bereit, einen minderjährigen, unbegleiteten Flüchtling bei sich aufzunehmen.

Grundsätzlich kann sich jeder Mensch im Rahmen der Bereitschaftspflege engagieren. Eine alleinerziehende Mutter sowie ein Paar, bei dem beide Partner voll berufstätig sind, kommen allerdings als Pflegeeltern nicht in Betracht.

Die finanziellen Verhältnisse müssen stimmen und es muss genügend Zeit bestehen, um sich um ein Pflegekind kümmern zu können.
Dies funktioniert in der Praxis fast nur, sofern ein Partner in Vollzeit arbeitet, während der andere sich um den Haushalt kümmert bzw. nur wenige Stunden arbeiten geht.

Es spielt jedoch keine Rolle, ob Sie eigene Kinder haben oder nicht. Lediglich bei sehr kleinen eigenen Kindern unter zwei Jahren wird von der Bereitschaftspflege abgeraten.

Generell sollten Sie über folgende Voraussetzungen verfügen, wenn Sie überlegen, ein oder sogar mehrere Kinder bei sich aufzunehmen:

ein familie bei einer kissenschlacht

Beziehen Sie Ihre Kinder mit in die Entscheidung ein, ein Pflegekind bei sich aufzunehmen.

  • jede Menge Geduld
  • eine hohe Belastbarkeit (sowohl physisch wie auch psychisch)
  • genügend Platz (einem Pflegekind muss ein eigenes Zimmer zur Verfügung stehen)
  • ein einwandfreies erweitertes polizeiliches Führungszeugnis
  • ein positives Gesundheitszeugnis
  • die Bereitschaft, sich weiterzubilden (regelmäßig stattfindende Seminare)
  • die Fähigkeit, mit den leiblichen Eltern zusammenzuarbeiten (meist läuft der Kontakt über eine Clearingstelle)
  • regelmäßiger Kontakt mit dem Jugendamt
  • Spontanität (in der Regel besteht ein nur wenige Stunden offenes Zeitfenster, um ein Pflegekind aufzunehmen)
  • Erfahrungen im Umgang mit Kindern (entweder eigenen oder fremden)
  • finanzielle Sicherheit (Sie dürfen nicht auf das Pflegegeld angewiesen sein.)
  • die Fähigkeit, ein Kind wieder abgeben zu können (Dieser Aspekt wird am häufigsten unterschätzt und lässt sich nur schwer vorab klären.)

3. Pflegegeld – so hoch fällt die Kostenerstattung aus

Die Aufwendungen, die Pflegeeltern automatisch haben, sobald sie ein Pflegekind aufnehmen, sollen selbstständig ersetzt werden. Dementsprechend zahlt Ihnen das Jugendamt einen entsprechenden Tagessatz.

Dieser umfasst sowohl den notwendigen Unterhalt des Kindes als auch den zusätzlichen Sachaufwand im Hinblick auf die Pflege und Erziehung.

Es existiert allerdings keine deutschlandweite geltende einheitliche Vergütung für die Kurzzeitpflege. Örtliche Behörden müssen sich jedoch nach § 39 des SGB VIII richten. Im Schnitt bedeutet dies, dass Pflegefamilien für Kinder in Not etwa 1000 € im Monat zur Verfügung steht.
Hinzu kommen Sonderausgaben für einmalig anzuschaffenden Gegenstände, wie beispielsweise einen Kinderwagen oder ein Babybett.

Achtung: Auch wenn sich dies nach vermeintlich viel Geld anhören mag, so sollten Sie den Zeitaufwand der Bereitschaftspflege nicht unterschätzen, wenn Sie darüber nachdenken, Pflegeeltern zu werden.

Im Vergleich mit der Unterbringung in einem Pflegeheim sind die Kosten für das Jugendamt verhältnismäßig gering, sodass Bereitschaftspflegeeltern vielerorts händeringend gesucht werden.

4. Wenig Rechte und viel Verantwortung

familie im bereich der bereitschaftspflege

Ein Pflegekind aufzunehmen, ist eine verantwortungsvolle Aufgabe.

Wenn sich Eltern für die Bereitschaftspflege entscheiden, erhalten Sie eine vorübergehende Betreuungsvollmacht. Dies ändert jedoch nichts daran, dass das Sorgerecht grundsätzlich bei den leiblichen Eltern verbleibt.

Alle wichtigen anstehenden Entscheidungen müssen daher entweder mit den leiblichen Eltern oder aber mit dem Jugendamt abgestimmt werden.
Dies betrifft beispielsweise notwendige Impfungen oder auch einen gemeinsamen geplanten Urlaub.

In dem Moment, in dem ein Kind aus einer Familie herausgenommen wird, ändert sich im Hinblick auf die Rechtsstellung faktisch nichts. Auch wenn die leiblichen Eltern kurzzeitig keinen direkten Einfluss haben, so bekommen Pflegeeltern keinerlei zusätzliche Rechte eingeräumt.

Diese Rechtlosigkeit zeigt sich insbesondere in dem Moment, in welchem Kinder wieder zurück in ihre Ursprungsfamilie gegeben werden.

Bessern sich die Verhältnisse innerhalb der Ursprungsfamilie nicht erheblich, sodass das Kind dauerhaft in einer Pflegefamilie bleiben soll, so wird ein Kind in aller Regel weitergereicht.

Haben sich die Pflegeeltern sowie das Kind bereits aneinander gewöhnt, ist diese Trennung jedoch nicht wünschenswert. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, einen Verbleibensantrag zu stellen.

Je nach Region und örtlicher Handhabung kann dies durchaus erfolgversprechend sein. In manchen Gebieten ist es allerdings fast unmöglich, dass ein solcher Antrag Erfolg hat.

Die Dauer der Bereitschaftspflege ist eigentlich auf ein halbes Jahr begrenzt. Faktisch kommt es jedoch häufig vor, dass Kinder bis zu zwei Jahre in einer Pflegefamilie verbringen, bis eine dauerhafte Lösung für das Kind gefunden ist. Teils verbringen Kinder allerdings auch nur einige Tage bei ihren Pflegeeltern.

Achtung: Eine private Haftpflichtversicherung deckt zwar angerichtete Schäden des Pflegekindes gegenüber anderen Menschen ab, jedoch grundsätzlich keine Schäden, die ein Pflegekind innerhalb Ihrer Wohnung anrichtet. Informieren Sie sich daher, ob eine Erweiterung Ihres Versicherungsschutzes möglich ist bzw. durch das Jugendamt übernommen wird.

5. Weiterführende Literatur für Pflegeeltern und Pflegekinder



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