Bestimmt haben Sie es schon oft gehört: Alkohol in der Schwangerschaft zu sich zu nehmen kann schädlich für das ungeborene Kind sein. Im folgenden Text wird geklärt, welche genauen Folgen für das Kind Alkoholkonsum in der Schwangerschaft haben kann. Auch erfahren Sie, ob man in der Schwangerschaft vollkommen abstinent sein sollte, oder ob ab und zu ein kleines Gläschen Alkohol in Ordnung ist. Sie werden darüber hinaus erfahren, ob Alkohol nur dann problematisch ist, wenn er getrunken wird, oder ob er auch in Soßen, Desserts, Pralinen, Kuchen und anderen Lebensmitteln schädlich für das Kind ist.
Inhaltsverzeichnis
Wie schädlich Alkoholkonsum in der Schwangerschaft im konkreten Einzelfall für das ungeborene Kind ist, lässt sich oft nur schwer untersuchen. Der Grund hierfür liegt darin, dass nicht alle Folgen des Alkohols sofort nach der Geburt erkennbar sind. Auch sind sie nicht immer an äußerlichen Merkmalen, wie z. B. dem Gesicht, ablesbar. Stattdessen werden die Folgen häufig erst dann bemerkt, wenn das Kind eingeschult wird. Manche Kinder kommen mit vier oder fünf Jahren noch gut zurecht, bekommen dann aber im Schulalter große Lernprobleme oder zeigen Auffälligkeiten im Verhalten. Da sich das Gehirn während der kindlichen Entwicklung verändert und sich immer größeren kognitiven Herausforderungen stellen muss, fallen die alkoholinduzierten Beeinträchtigungen während der Schwangerschaft stärker auf. Damit werden auch die Schäden durch Alkohol komplexer und leichter erkennbar.
Achtung: Auch kleine Mengen von Alkohol in der Schwangerschaft können schädlich sein. Ob in Ihrem Fall dadurch bestimmte Folgen auftreten werden, lässt sich nicht zuverlässig vorhersagen. Besser jedoch ist es, in der Schwangerschaft vollständig auf Alkoholkonsum zu verzichten. Es gibt keine Alkoholmengen, die kein Risiko in der Schwangerschaft bedeuten würden!
Wenn der Alkoholkonsum einen Fötus schädigt, bleiben diese Folgen oft ein Leben lang bestehen. Diese können sehr vielfältig sein:
ADHS bedeutet abgekürzt Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Damit ist eine Form von Verhaltensauffälligkeit gemeint, die in der Regel schon im Kindes- oder Jugendalter auftritt, oft aber bis ins Erwachsenenalter weitergeht. Im Mittelpunkt stehen dabei Schwierigkeiten im Bereich der Aufmerksamkeit. Die Betroffenen haben also Probleme, sich auf z. B. ein Lernthema zu konzentrieren und gewissenhaft dabei zu bleiben. Auch treten die Betroffenen sehr impulsiv auf und haben sich nicht unter Kontrolle. Außerdem sind viele von ihnen hyperaktiv, zeigen also eine massive körperliche Unruhe.
Wenn der Aspekt der Hyperaktivität nicht so stark im Vordergrund steht, kann man auch von Aufmerksamkeitsdefizitstörung sprechen, abgekürzt ADS.
Achtung: Alkohol in der Schwangerschaft erhöht auch das Risiko einer Fehlgeburt. Männer, die Vater werden wollen, sollten ebenfalls auf Alkohol verzichten, denn auch der männliche Alkoholkonsum kann die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt vergrößern. Wenn um den Zeitpunkt der Befruchtung Alkohol konsumiert wird, kann es sein, dass sich die Eizelle aufgrund der Schäden gar nicht erst einnistet und unbemerkt abgeführt wird.
Seit Längerem wissen Mediziner, dass der Alkohol (eigentlich Ethylalkohol) wie auch seine Abbauprodukte durch den Mutterkuchen direkt zum ungeborenen Kind gelangen können. Dort kann er die Organe schädigen und funktionelle Beeinträchtigen verursachen. Alkohol und sein Abbauprodukt Acetaldehyd sind toxische Substanzen, die nicht zuletzt negativ auf die Zellteilung auswirken. Diese ist die Grundlage jeder Zellvermehrung und daher für Prozesse des Wachstums unverzichtbar. Der empfindlichste Teil des Körpers ist dabei das Nervensystem.
Man kann nicht in allen Fällen sagen: Je mehr Alkohol, desto größer die Störungen in der Entwicklung des Kindes. In jeder Phase der Schwangerschaft – nicht nur am Anfang, im 1. Monat oder am Ende der Schwangerschaft – können bereits kleine Mengen Alkohols schädlich für das Kind sein. Egal ob die schwangere Frau kleine Mengen Alkohol trinkt, chronisch Alkohol konsumiert oder in kürzester Zeit große Mengen trinkt – in allen Fällen kann der Alkohol die embryonalen Entwicklungen stören.
Tipp: Sie sollten beachten, dass man Alkohol nicht nur aus dem Glas, sondern auch durch den Genuss von bestimmten Pralinen, Soßen, Kuchen unbemerkt als versteckten Alkohol zu sich nehmen kann. Auch wenn Sie unwissend Alkohol zu sich nehmen, gehen Sie Risiken ein. Unbedenklich ist die Zugabe von Alkohol nur dann, wenn auf über 70 ° Celsius erhitzt wurde, denn dann verfliegt er. Auf einen Topfdeckel sollte man dann beim Kochen verzichten.
Wenn Alkoholkonsum durch die schwangere Frau schwere Schäden hervorruft, werden diese fetales Alkoholsyndrom (FAS) genannt. Das FAS kann sich zeigen durch …
Es kommt aber auch vor, dass die Schäden durch Alkoholkonsum einer schwangeren Frau beim Kind überhaupt nicht äußerlich erkennbar sind, aber Störungen des zentralen Nervensystems vorliegen. Dann sprechen Mediziner von neuropathologischen Schäden und nennen diese Störung partielles fetales Alkoholsyndrom (pFAS). Das pFAS kommt viel häufiger vor als die äußeren Veränderungen, da das Gehirn sowie das Nervensystem sich während und nach der Schwangerschaft stark weiterentwickeln. Die Schäden wirken sich also in einem größeren Maße aus.
Das Gehirn des Embryos kann durch diese Schäden sehr stark angegriffen werden. Das pFAS ist keine schwächer ausgeprägte Form des FAS. Es stellt vielmehr eine Form mit anderer Ausprägung mit anderen Folgen dar. Diese können aber für das Kind genauso erhebliche Probleme mit sich bringen.
Tipp: Das FAS und das pFAS fasst man mit dem Sammelbegriff fetale Alkoholspektrum-Störungen zusammen (FASD). Die Symptome können dabei sehr verschieden sein. Es können auch Mischformen auftreten, die sowohl neuropathologische als auch morphologische Schäden aufweisen.
Wenn das Gehirn bzw. das Nervensystem des Kindes durch Alkohol in der Schwangerschaft geschädigt wurden, ist es häufig verhaltensauffällig. Dies macht sich im sozialen Bereich, aber auch im psychisch-emotionalen Bereich bemerkbar. Die Leistungsfähigkeit kann vermindert sein. Das Kind kann dann häufig Informationen nicht richtig aufnehmen und auch nicht behalten (Gedächtnisstörung). Die Fähigkeiten, sich zu konzentrieren und zu sprechen, sind dann ebenfalls oft beeinträchtigt. Zudem können Feinmotorik und Grobmotorik können gestört sein.
Tipp: Die Grobmotorik umfasst die Gesamtheit der Bewegungen des Muskel- bzw. Skelettapparats. Gemeint sind damit die Gesamtbewegungen des Körpers (laufen, hüpfen, schwimmen, gehen). Die Feinmotorik wiederum bezeichnet die Qualität von besonders hochwertigen Bewegungsabläufen in einem fortgeschrittenen Lern- und Entwicklungsstadium (schreiben, Knöpfe öffnen, Haare flechten, Klavierspielen).
Eine noch weit extremere Belastung als die intellektuellen Einschränkungen stellen die emotionalen Störungen und Verhaltensprobleme dar. Diese zeigen sich bei den meisten Kindern, die FAS haben.
Kindern mit FAS sind besonders oft hyperaktiv. Die Symptome sind:
Unter Affektkontrolle versteht man die Fähigkeit, sich eine naheliegende, sofortige Belohnung zu versagen, um in Zukunft eine noch größere Belohnung zu bekommen. Kein Schulabschluss, keine Beziehung, keine berufliche Karriere wären ohne Affektkontrolle möglich. Die Frustrationstoleranz wiederum bezeichnet die Fähigkeit, mit Niederlagen oder Gegenschlägen umzugehen. Bei einer geringen Frustrationstoleranz neigen die Betroffenen zu einem ausgeprägten Vermeidungs- und Anstrengungsverhalten.
Selten sind Kinder mit FAS oder pFAS auffällig still und antriebslos. Häufiger sind Naivität und Freundlichkeit auch gegenüber Fremden, was die Risiken für z. B. sexuellen Missbrauch erhöht.
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