Reform Kinderbetreuung

Alle Details über das geplante Gute-Kita-Gesetz der Bundesregierung

Der Entwurf liegt auf dem Tisch: Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität in Kitas und in der Kindertagespflege. Lange wurde darüber gesprochen, viel wurde diskutiert, natürlich im Vorfeld bereits auch kritisiert. Aber was steht eigentlich drin? Wir haben uns das mal genauer angesehen und fassen die wichtigsten Punkte hier zusammen.

Am 19. September 2018 verabschiedete das Bundeskabinett das Gesetz, das Familienministerin Dr. Franziska Giffey seit Tag 1 ihrer Amtszeit angekündigt hat. Summa Summarum bedeutet das Gute-Kita-Gesetz: Mehr Qualität, weniger Gebühren. Bis Ende 2022 investiert der Bund hierfür 5,5 Milliarden Euro.

Zehn Maßnahmen für mehr Qualität

1. Bedarfsgerechte Angebote
Die Länder sollen bedarfsgerechte Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsangebote in schaffen, die vor allem den Abbau von Hürden und die Ermöglichung einer inklusiven Förderung vorantreiben sollen. Denn: Jede Familiensituation ist anders (vor allem die finanzielle), jedes Kind ist anders. Trotzdem hat jedes Kind das Recht auf einen Kitaplatz.

2. Guter Betreuungsschlüssel
Ein sinnvoller Fachkraft-zu-Kind-Schlüssel muss sichergestellt werden. Große Gruppen, wenig Erzieher – keine gute Kombination. Wie genau dieser gute Schlüssel aussieht, wieviele Kinder auf eine Fachkraft kommen dürfen/sollen/müssen, ist aber nicht definiert. Klar ist nur: Zu große Gruppen senken die Möglichkeiten der Erzieher, inhaltlich qualitativ zu arbeiten und Kinder bedarfsgerecht zu betreuen.

3. Qualifizierte Fachkräfte
Die Attraktivität des Berufes verträgt eine umfangreiche Imagekampagne. Wer qualifizierte Fachkräfte gewinnen möchte muss die Ansprüche an die und in der Ausbildung anheben, muss den Beruf finanziell attraktiv machen, muss – nicht unerheblich – für mehr gesellschaftliche Anerkennung des Berufes sorgen. Erzieher sind keine Kindergartentanten, sondern die Menschen, die tagaus tagein die nächste Generation betreuen, großziehen, sozialisieren. Doch wo anfangen?

4. Starke Kitaleitung
Wenn Erzieher fehlen, springen meistens die Leitungen ein und sichern die ausreichende Betreuung. Kitaleitungen leisten aber viel mehr. Und ihre organisatorische Arbeit als pädagogische Leitung bleibt liegen, wenn sie aus Fachkräftemangel am Kind arbeiten. Die Leitungen treiben die Kitas voran, sichern die Qualität, die Weiterentwicklung von Konzepte.

5. Kindgerechte Räume
Kinder haben je nach Alter und Entwicklungsstufe besondere Ansprüche an die Räume und die Dinge, in und mit denen sie aufwachsen und oft hinkt es hier. Damit alle Kinder die gleichen Chancen haben, in kindgerechten Räumen aufzuwachsen, mit Materialien, die ihre Neugier befriedigen, ihren Bewegungsdrang nicht einschränken und ihre Entwicklung fördern, müssen die Länder in vielen Kitas nachrüsten und unterstützen.

6. Gesundes Aufwachsen
Der Begriff „Gesund“ vereint viele Bereiche. Neben ganzheitlicher Bildung geht es hier natürlich aber auch um die körperliche Gesundheit, um Ernährung und Bewegung. Wieso nach dem Essen Zähne putzen? Wieso Hände waschen? Wie schmecken Tomaten? Warum sind Gummibärchen kein richtiges Essen? Und natürlich: bewegen, bewegen, bewegen – das alles und noch viel mehr gehört zu einem gesunden Aufwachsen von Kindern und muss garantiert sein.

7. Sprachliche Bildung
Die Entwicklung der Sprache ist ein beliebtes Satire-Thema. Dass der Dativ dem Genetiv sein Tod ist, spielt dabei schon längst keine Rolle mehr. Dass die sprachliche Entwicklung elementar für die Identitätsbildung ist – gerade bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern – darf bei all der Komik aber nicht in Vergessenheit geraten und gehört zu den wichtigen Qualitätskriterien von Bildungseinrichtungen.

8. Starke Kindertagespflege
Tagesmütter und -väter sind heute viel mehr als Hausfrauen oder -männer, die einfach mal eben die Nachbarskinder den Tag über mitbetreuen. Es sind meistens Quereinsteiger, die am Ende aber (oft als One-Man-Show) die gleiche Arbeit leisten wie Erzieher und entsprechend gut qualifiziert und ausgestattet sein müssen.

9. Netzwerke für mehr Qualität
Vernetzung macht stark. Austausch steigert die Qualität. Produktive Zusammenarbeit innerhalb der Erzieher-Teams, zwischen Träger und Fachkräften, zwischen dem Träger und der öffentlichen Jugendhilfe sichert und verbessert die Qualität innerhalb der Einrichtungen. Diese Netzwerke müssen geschaffen bzw. gefördert und gehört werden, brauchen Räume und Sprachrohre.

10. Vielfältige pädagogische Angebote
Die vielleicht größte Herausforderung im Kita-Alltag ist es, die inhaltliche Arbeit vielseitig, fordernd aber nicht überfordernd, bedarfsorientiert und individuell zu gestalten. Jedes Kind ist anders und heute sind wir weit weg von einheitlicher Maschninenerziehung. Kinder werden nicht mehr zu kleinen Soldaten gedrillt, sondern sollen in ihrer Einzigartigkeit wachsen, aufwachsen, sich entfalten und wie eine Raupe zum Schmetterling werden. Der Anspruch, jedem Kind gerecht werden zu wollen, ist als würde man an einem Tag ohne Vorbereitung den Mount Everest besteigen wollen. Denn dazu gehören auch: die Beteiligung von Kindern, die Sicherstellung des Schutzes der Kinder, die Integration von Kindern mit besonderen Bedarfen, die Zusammenarbeit mit Eltern und Familien, die Nutzung der Potentiale des Sozialraums und den Abbau geschlechterspezifischer Stereotype. Vielleicht war der Mount Everest als Vergleich doch noch zu klein.

Außerdem: mehr für weniger – weg mit den Gebühren

Gleiche Chancen für alle – wie soll das gehen, wenn alle gleichviel bezahlen müssen, auch wenn sie nicht gleich viel haben? Auch für Kinder aus einkommensschwachen Familien muss der Kitabesuch möglich sein. Denn: „Der Besuch einer Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflege gehört heute in Deutschland zum Aufwachsen von Kindern selbstverständlich dazu“, schreibt der Gesetzesentwurf. Nicht nur, weil sie dort viele wichtige Dinge lernen und einfach eine tolle Zeit haben – sondern damit ihre Eltern beide arbeiten und den Familienunterhalt sichern können. Das ist elementar, existenzsichernd.

Das bedeutet

  • Bundesweite soziale Staffelung von Elternbeiträgen
  • Bundesweite Beitragsbefreiung für Familien mit geringem Einkommen
  • Beratungspflicht über die Möglichkeit der Beitragsbefreiung
  • Unterstützung weiterer Maßnahmen in den Ländern, um Eltern bei den Gebühren zu entlasten

Hochgesteckte Ziele für die Betreuung unserer Kinder

Nun kann man das alles nicht bundesweit über einen Kam scheren. Zwischen den Bundesländern bestünden große Unterschiede, „so dass Kinder je nach Wohnort unterschiedliche Bedingungen für das Aufwachsen und unterschiedliche Bildungschancen haben“, so das Gute-Kita-Gesetz. Wie die Umsetzung der Maßnahmen konkret aussieht, variiert demnach je nach Bundesland. Individuelle Analysen sollen Aufschluss über den Stand und Entwicklungspotenziale geben. Länderspezifische Verträge inklusive der angestrebten Fortschritte, des finanziellen Rahmens und der zeitlichen Deckelung verpflichten die Länder zum Gesetz. Regelmäßiges Monitoring und Evaluationen zeigen dann Meilensteine, Zwischenziele und langfristige Verbesserungen auf.

„Ziel des KiTa-Qualitäts- und -Teilhabeverbesserungsgesetzes ist daher, nachhaltig und dauerhaft die Qualität der frühen Bildung, Erziehung und Betreuung in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege bundesweit weiterzuentwickeln und damit noch bestehende Unterschiede zwischen den Ländern anzugleichen. Das ist ein wichtiger Schritt zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse für Kinder in Deutschland. Zugleich kann damit Eltern die Möglichkeit einer bundesweit gleichwertigen Beteiligung am Arbeitsleben gegeben werden.“

Links
Info des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über Das-Gute-Kita-Gesetz
Grafiken zum Gute-Kita-Gesetz