„Die Rotzlöffel Republik“ – Arbeit unter erschwerten Bedingungen

Ein neues Buch von zwei ErzieherInnen zeigt, wie es dem Personal in Deutschlands Kitas, Kindergärten und Krippen geht.

Ein neues Buch von zwei ErzieherInnen zeigt, wie es dem Personal in Deutschlands Kitas, Kindergärten und Krippen geht.

Die Debatte um Kitas, Kindergärten und Krippen dreht sich – nicht zu Unrecht – praktisch immer um das Wohlergehen der Kinder. Aber: Wie geht es eigentlich den Erzieherinnen in den Kitas? Wie ist das für sie, zu viele Kinder in einer Gruppe zu betreuen? Weil die Kolleginnen aus mangelnder Berufsattraktivität nicht nachwachsen? Oder wegen Burn-Out ausfallen?

Nichts für zarte Elterngemüter

Tanja Leitsch und Susanne Schneider, zwei gestandene Erzieherinnen, fassen ihre Erfahrungen und die zahlreicher Kolleginnen in ihrem Buch „Die Rotzlöffel Republik“ zusammen. Und gleich vorweg: Wer keine Kritik verträgt, sollte das nicht lesen. Denn abgesehen von einer überaus detaillierten Schilderung der Arbeit von Deutschlands ErzieherInnen ist „Die Rotzlöffel Republik“ auch ein Schmähbuch auf die Unfähigkeit der aktuellen Jungelterngeneration.

Von Prinzen und kleinen Tyrannen

Da liest man von Kindern, die nicht nur wie Prinzen behandelt werden wollen sondern auch als solche angesprochen werden möchten (nein, nicht Prinz George von England), von Kindern, vor denen die ErzieherInnen auf Geheiß der Eltern bei der Begrüßung auf die Knie gehen sollen. Aber auch von verwahrlosten Kindern, die dann von den ErzieherInnen geduscht werden, weil sie zuhause weder gewickelt noch gewaschen werden …

Schnodder, Erbrochenes und die Freuden kranker Kinder

Kranke Kinder gehören nicht in die Kita. In der Theorie ist das bekannt. In der Praxis scheint das ganz anders zu sein. Die Autorinnen berichten von grün-triefenden Nasen, die sie tagtäglich putzen, von Magen-Darm-Infekten, die wochenlang in Einrichtungen grassieren – und natürlich auch vor dem Personal nicht Halt machen – weil Eltern ihre Kinder trotz Infekt in die Kita bringen. Mal ehrlich: Wer hat KEIN Problem damit, sich von Kopf bis Fuß mit dem Erbrochenem eines Kleinkindes einzudecken? Na? Oder dem Windelinhalt? Passiert ErzieherInnen aber, wenn Eltern ihre kranken Kinder in die Kita bringen.

Ohrenschützer als Arbeitsgerät

Mal abgesehen vom Lärmpegel. Kinder können ja wirklich unfassbar laut sein. Je mehr Kinder desto lauter, je lauter, desto mehr Spaß haben sie. Für die/den ErzieherIn bedeutet das Arbeit unter erschwerten Bedingungen und vor allem eine enorme psychische Belastung. Man könnte da anmerken, dass das Personal die Gruppe dann einfach nicht im Griff hat und da mag ein Funken Wahrheit dran sein. Glaubt man den Autorinnen liegt der Ursprung hier aber auch im Elternhaus. Denn unausgeglichene (oder zu wenig anwesende) Eltern bringen unausgeglichene Kinder hervor. Und unausgeglichene Kinder zeigen sich weniger kooperativ bzw. rücksichtsvoll.

Wer ist eigentlich für die Erziehung unsere Kinder zuständig?

„Die Rotzlöffel Republik“ ist an manchen Stellen anstrengend, denn es wird geschimpft und geschimpft und es nimmt kein Ende. Aber vermutlich muss das einfach mal sein. Denn aufhören kann man dennoch nicht, so unfassbar sind die Schilderungen der Autorinnen. Letztlich zeigt das Buch, was eigentlich alle Eltern wissen sollten: Die Erziehung und das Wohl der Kinder liegt in der Hand der Eltern. Die Arbeit der ErzieherInnen ergänzt, ersetzt aber nicht. Je weniger die Eltern an ihren Kindern leisten, desto mehr müssen die ErzieherInnen bringen. Ob das richtig oder falsch ist … es verdient aber Respekt und es bedarf Absprachen, überhaupt Gesprächen auf Augenhöhe. Und Anerkennung für eine Arbeit, die wichtig ist.

Die Rotzlöffel Republik
Tanja Leitsch, Susanne Schnieder
Ecowin Verlag 2017
ISBN-13 9783711001337